Das Britische Territorium im Indischen Ozean (englisch: British Indian Ocean Territory) ist ein britisches Überseegebiet, das heute nur noch den Chagos-Archipel umfasst.
Der Archipel besteht aus sieben Atollen mit rund 60 größtenteils unbewohnten kleinen Inseln. Er liegt bei 6° 0′ S, 71° 30′ O. Die größte Insel ist Diego Garcia im gleichnamigen Atoll. Die übrigen Atolle sind die Great Chagos Bank, der größte Atollkomplex der Erde (mit Nelsons Island, Danger Island, Eagle Islands und Three Brothers), Peros Banhos, die Salomon Islands, die Egmont Islands sowie ferner das Blenheim Reef und die Speakers Bank, die nur bei Niedrigwasserstand die Wasseroberfläche erreichen und keine Inseln aufweisen.
Die Inseln verteilen sich über ein Seegebiet von 54.400 Quadratkilometern. Alle Inseln zusammen haben eine Fläche von etwa 60 Quadratkilometern.
Der zum Territorium gehörende Chagos Archipelago ist eines der am besten geschützten tropischen Inselsysteme. Die Inseln bieten Lebensraum für viele Arten, vor allem Seevögel. Die Inseln besitzen zehn Important Bird Areas (IBA), einschließlich des Barton Point Reserve auf Diego Garcia, welches die weltweit größte Population von Rotfußtölpeln (Sula sula) beheimatet.
Die Bewohner der Inseln, die Îlois oder Chagossianer, wurden ab 1966 zwangsumgesiedelt und leben seither in Mauritius sowie auf den Seychellen und in Großbritannien. Die Inseln sind heute bis auf einen Militärstützpunkt auf der Insel Diego Garcia, den Großbritannien gemeinsam mit den USA betreibt, unbewohnt.
Die Inselgruppe steht seit 1814 unter britischer Hoheit.
Nach der Unabhängigkeit der Seychellen von Mauritius 1965 wurden die Atolle Aldabra, Farquhar und Desroches von der Kronkolonie Seychellen abgespalten und mit dem Chagos-Archipel zum Britischen Territorium im Indischen Ozean zusammengefasst. 1976, nach der Unabhängigkeit der Seychellen, wurden Aldabra, Farquhar und Desroches zurückgegeben, sodass einzig der Chagos-Archipel im Territorium verblieb.
1966 erwarb Großbritannien die in Privatbesitz befindlichen Kopra-Plantagen und verpachtete den gesamten Archipel für fünfzig Jahre an die USA; in der Folge wurden die etwa 1200 Einwohner nach Mauritius und auf die Seychellen zwangsumgesiedelt. Die US-Amerikaner errichteten ab 1971 auf der größten Insel Diego Garcia einen Militärstützpunkt, der zum Sperrgebiet erklärt wurde.
Von den sieben Atollen des Archipels dürfen nur die im Norden auf 5,3 Grad südlicher Breite gelegenen Salomon Islands besucht werden. Dieses Atoll besteht aus elf kleinen Inseln, von denen Boddam mit 2200 × 500 Metern die größte ist. Bis 1965 wohnten hier etwa 400 Einheimische.
Die ehemaligen Inselbewohner kämpfen bis heute vor britischen Gerichten um ihr Recht auf Rückkehr. 1998 erhoben die Îlois vor einem britischen Gericht eine Klage auf Entschädigung und das Recht auf Rückkehr. Im Jahr 2000 erklärte der High Court of Justice die Deportationen für illegal und gestand den Deportierten das Recht auf Rückkehr zu, was aber folgenlos blieb. Im Jahr 2004 erließ Königin Elisabeth II. namens der Regierung eine Order-in-Council, die die Chagossianer aus ihrer Heimat verbannt. Im Mai 2006 erklärte der High Court of Justice diese Order-in-Council aus dem Jahr 2004 aber für rechtswidrig. Dies wiederum wurde von der Regierung angefochten und an den Court of Appeal verwiesen. Im Mai 2007 entschied der Court of Appeal zugunsten der Îlois. Die britische Regierung legte gegen das Urteil wiederum Berufung ein. Am 22. Oktober 2008 gab das House of Lords der britischen Regierung recht und verbot die Rückkehr der Einwohner auf die Insel. Dagegen wurde Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erhoben. Ende 2012 entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass er keine Jurisdiktion über die Sache der Chagossianer habe. Anfang 2013 haben die Chagossianer Klage beim Ständigen Schiedshof in Den Haag gegen das Vereinigte Königreich eingereicht.
Im April 2006 konnte eine Gruppe von 100 Chagossianern auf Kosten des British Foreign Office den Chagos-Archipel besuchen.
Im April 2012 wurde eine internationale Petition an die Vereinigten Staaten eingereicht, um das Weiße Haus darum zu bitten, den Fall der Chagossianer zu überprüfen. Eine offizielle Antwort wurde auf der Petitionsseite des Weißen Hauses veröffentlicht. Darin wird die Zuständigkeit für den Fall der Chagossianer an das Vereinigte Königreich verwiesen.
Der Pachtvertrag mit den USA über den Chagos-Archipel wurde 2016 bis einschließlich 2036 verlängert.
Mauritius erhebt bis heute Gebietsansprüche auf das gesamte Territorium. Am 23. Juni 2017 entschied die Generalversammlung der Vereinten Nationen mit 94 zu 15 Stimmen, den Fall dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag vorzulegen. Wie am 25. Februar 2019 bekannt wurde, entschied der Internationale Gerichtshof in einem völkerrechtlich nicht bindenden Gutachten, dass die britische Herrschaft illegal und der rechtmäßige Verwalter Mauritius sei. Laut Abdulqawi Ahmed Yusuf, dem Präsidenten des Gerichts, sei es Großbritanniens Pflicht, sich so schnell wie möglich von der Insel zurückzuziehen.
Das Territorium wird von einem Kommissar (Commissioner) und einem Verwalter (Administrator) im Außenministerium des Vereinigten Königreiches in London verwaltet. Da die Bevölkerung nur aus Militär des Vereinigten Königreiches und der USA besteht, gibt es keine Wahlen und keine Zivilverwaltung auf den Inseln.
Das nach Landfläche größte Atoll Diego Garcia ist bis 2036 an die USA verpachtet, die es ausschließlich militärisch beziehungsweise geheimdienstlich nutzen. Da fast nur US-Militär stationiert ist, wird der US-Dollar als Währung verwendet. Briefmarken werden dennoch in Britischen Pfund ausgegeben.
Obwohl das Territorium praktisch nur aus einem Militärstützpunkt besteht, erschien es in der offiziellen Handelsbilanz von Osttimor 2008 und 2009 als neuntgrößtes Ziel von osttimoresischen Ausfuhren. 2009 exportierte der südostasiatische Staat 249,6 Tonnen Kaffee im Wert von 142.320 US-Dollar in das Britische Territorium im Indischen Ozean.