Das Duftveilchen (Viola odorata), auch Märzveilchen oder Wohlriechendes Veilchen genannt, gehört zu der Familie der Veilchengewächse (Violaceae). Im Garten wird es seit der Antike kultiviert, weil es sowohl im religiösen Ritus als auch in der Heilkunde schon sehr früh Verwendung fand. Spätestens seit dem frühen Mittelalter wurde es auch in Mitteleuropa als Zier- und Heilpflanze angebaut.
Das Duftveilchen ist vor allem wegen seines süßen Dufts bekannt. Es handelt sich um eine rhizombildende, ausdauernde krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 5 bis 15 Zentimeter erreicht. Die in einer grundständigen Blattrosette zusammenstehenden Laubblätter sind in Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Am rückwärts behaarten Blütenstiel befinden sich in der Mitte zwei Vorblätter. Die grasgrünen, einfachen Blattspreiten sind etwa gleich lang wie breit und rundlich nierenförmig bis breit eiförmig. Die breit lanzettlich bis eiförmigen Nebenblätter tragen einzelne Fransen oder sind kahl.
Die Blütezeit erstreckt sich von März bis April. Die wohlriechenden, manchmal kleistogamen Blüten sind zygomorph und fünfzählig mit doppelter Blütenhülle. Die fünf Kelchblätter sind stumpf. Die fünf dunkelviolettfarbenen Kronblätter bilden eine 2 bis 3 Zentimeter große Krone. Der Sporn ist meist gerade ausgebildet. Die Chromosomenzahl der Art ist 2n = 20.
Das Duftveilchen ist im Mittelmeergebiet bis hin zum Kaukasus und Iran beheimatet und in weiten Teilen Europas eingebürgert. In Mitteleuropa wächst es in Gebüschen, an Waldrändern, an schattigen Wegrainen auf frischen, nährstoffreichen, milden bis mäßig sauren, humosen Lehmböden in mild-humider Klimalage. Es kommt vor allem im Alliario-Chaerophylletum temuli aus dem Alliarion-Verband vor und ist eine Ordnungscharakterart der Glechometalia hederaceae.
Das Duftveilchen bevorzugt als Standort lichte bis halbschattige Plätze und fühlt sich unter sommergrünen, nicht zu dicht stehenden Sträuchern beispielsweise gemeinsam mit Leberblümchen oder auch als Rosenbegleiter im Garten sehr wohl. In der freien Natur ist es an Waldrändern und in sommergrünen Hecken und Gebüschen zu finden.
Die Pflanze verbreitet sich durch Ausläufer (Stolonen), so dass sie allmählich weitere Flächen besiedeln kann, wenn man sie ungestört wachsen lässt. Die Früchte werden auch von Ameisen verbreitet (Myrmekochorie), so dass das Duftveilchen, einmal angesiedelt, überall im Garten auftauchen kann.
Das ätherische Öl der frischen Blüten enthält u. a. Parmon (trans-α-Ionon, das Duftprinzip des Öles), ferner Undecanon-2, Isoborneol, 2,6-Nonadien-1-al sowie u. a. die Sesquiterpene (−)-Zingiberen, (+)-α-Curcumen, α- und β-Ionon, die getrockneten Blüten enthalten überdies Flavonoide und Schleimstoffe und Salicylsäuremethylester. Die zur Blütezeit gesammelten und an der Luft getrockneten Blätter enthalten Schleimstoffe, Triterpene, u. a. Friedelin, β-Sitosterol, Salicylsäuremethylester, Phenolcarbonsäuren, u. a. Ferulasäure und Sinapinsäure sowie das Alkaloid Violin. Der getrocknete Wurzelstock enthält ätherisches Öl (0,038 %) mit β-Nitropropionsäure und Salicylsäuremethylester (gebildet als Spaltprodukt bei der Wasserdampfdestillation), das Salicylsäureglucosid Gaultherin sowie das Alkaloid Violin.
Das wohlriechende Veilchen ist nicht das einzig duftende seiner Gattung in Europa, wird aber, vom früher ebenfalls genutzten Parma-Veilchen abgesehen, als einziges zur Produktion von Rohstoffen für die Parfümerie verwendet. Die Veilchenparfüms, die im 19. Jahrhundert entwickelt wurden, enthielten das nach Veilchen riechende Absolue aus der Wurzel der florentinischen Schwertlilie (Iris germanica 'Florentina' oder Iris pallida). Bereits seit etwa 1895 enthalten Parfüms stattdessen überwiegend synthetische Jonone. In ganz geringem Umfang wird überdies auch heute noch ein Absolue aus Veilchenblüten produziert. Vor allem jedoch verwendet die Parfümerie-Industrie in großem Umfang die Blätter des Veilchens, aus denen ein so genannter „grüner“ Duft extrahiert werden kann.
Die Blüten des Veilchens lassen sich zur Herstellung von aromatisiertem Sirup, Essig oder Veilcheneis sowie zum Dekorieren von Salaten und Desserts verwenden. Kandierte Veilchen verwendet man ebenfalls als Dekoration von Torten und Desserts. Dafür werden die Veilchenblüten mit halbsteif geschlagenem Eiweiß bestrichen und mit feinem Zucker dünn bestreut. Anschließend lässt man sie auf einem feinen Gitter etwa zwei Tage trocknen. Die „Violettes de Toulouse“ sind in Frankreich eine bekannte Süßigkeit.
Veilchentee kann man sehr einfach selbst herstellen. Dazu werden zwei Esslöffel getrockneter Veilchenblüten unter 100 g schwarzen Tee gemischt.
Parfait Amour ist ein Likör, bei dem Veilchen und fernöstliche Blütenessenzen die Basis bilden. Abgerundet mit Destillaten und Konzentraten aus Zitrone, Orange und Koriander erhält er sein Aroma, Cocktails lassen sich damit violett einfärben. Der Likör war besonders zu Beginn des 20. Jahrhunderts und nach dem Ersten Weltkrieg beliebt.
Bereits Hippokrates und Dioscurides verwendeten Veilchen als Arzneipflanzen. Veilchen sollen bei Ekzemen helfen. Im 19. Jahrhundert vermutete man auch eine Wirkung gegen Krebs. Im Kraut von Viola odorata konnten Alkaloide, Gerbstoffe, Saponine, Cumarine und Flavonoide ausgemacht werden.
2007 wurde das Duftveilchen zur Heilpflanze des Jahres gekürt. Moderne Forschungen konnten für Extrakte aus Viola odorata eine blutfettsenkende und vasodilatative Wirkung feststellen. Dies würde unterstützende Anwendung bei erhöhten Blutfettwerten und Hypertonie zumindest teilweise erklären. Die blutfettsenkende Wirkung soll auf einer verminderten Aufnahme und Synthese von Lipiden als auch auf den antioxidativen Eigenschaften von Viola odorata beruhen. Für ein Peptid aus Viola odorata, das Cyclopeptid Cyclovioloycin 02 (ein Cyclotid), konnten krebswidrige, chemosensibilisierende als auch antibakterielle Effekte aufgezeigt werden. Neben ihrer potentiell antitumoralen Wirkungen könnten Cyclotide aus Viola odorata auch auf Grund ihrer besonderen chemischen und biologischen Stabilität als Muster für neue Medikamente gegen Krebserkrankungen dienen.
Die auch heute noch verwendete „Veilchenwurzel“, sie wird traditionell gegen Schmerzen und Beschwerden beim Zahnen von Säuglingen und Kleinkindern eingesetzt, stammt nicht vom Duftveilchen. Es handelt sich dabei um das Rhizom der zur Produktion von Duftstoffen verwendeten Iris-Arten. Der missverständliche deutsche Name bezieht sich auf diese Verwendung.
Bis in die 1930er Jahre gehörten die Veilchen zu den beliebtesten Schnittblumen. Für die Veilchentreiberei wurden besondere großblütige und langstielige, auch gefüllte Sorten gezüchtet, nur wenige davon werden heute noch von Sammlern und Liebhabern gezogen. Einzig die Sorte 'Königin Charlotte' ist bis heute weit verbreitet.
Die Erzeugung von Schnittveilchen erfolgte großenteils durch Treiberei unter Glas und begann im Dezember; Freilandkulturen belieferten den Markt bis in den April. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam der Anbau zum Erliegen, da die gestiegenen Lohnkosten die Produktion unrentabel machten.
Das Duftveilchen war im griechischen und römischen Altertum eine mehreren Gottheiten geweihte Kultpflanze. Am Tag des Saturns bekränzten sich die Feiernden mit Veilchenblüten; Pan wurden Veilchensträuße dargebracht und auch Persephone war die Pflanze geweiht. Aufgrund des Duftes und der dunklen Blüten galt das Veilchen den Griechen auch als Blume der Liebe. Schon sie schenkten Veilchen gerne der Angebeteten, um so auf die sich regende Zuneigung hinzuweisen.
Wie bei vielen anderen Pflanzenarten auch erklärten sich die Griechen das Entstehen des Veilchens mythologisch: Eine für ihre Schönheit bekannte Tochter des himmeltragenden Titanen Atlas wurde vom Sonnengott mit seinen Strahlen verfolgt. Die spröde Schönheit floh jedoch vor ihm und bat Zeus verzweifelt um Beistand. Er hatte Mitleid und verwandelte das verschüchterte und verzweifelte Mädchen in ein Veilchen. Geschützt vor den Strahlen des Sonnengottes wächst es seitdem im Gebüsch des Waldes.
Die römische Mythologie behauptet auch, dass es dem keineswegs gutaussehenden Gott Vulkan, der hoffnungslos in Venus verliebt war, dennoch gelang, von der Göttin geküsst zu werden, weil er nach Veilchen duftete. Und Zeus, der die Nymphe Io als Schutz vor der eifersüchtigen Hera in eine bezaubernde Färse (Kuh, die noch kein Kalb zur Welt gebracht hat) verwandelte, ließ für sie eine ganze Wiese duftender Veilchen erblühen. Einzig diese Pflanze war eine ihrer Schönheit angemessene Speise.
Nach einer wendischen Sage wurde die Tochter des Götzen Tschernebog in ein Veilchen verwandelt, das alle zehn Jahre einmal in der Walpurgisnacht blüht. Wer es dann pflückt, erlöst die Jungfrau und erhält sie mit all den Schätzen ihres Vaters als Frau.
Als einer der ersten Boten des Frühlings erfreute sich das wohlriechende Veilchen von jeher besonderer Wertschätzung. Am Wiener Hof wurde schon um 1200 das erste Veilchen mit einem rauschenden Fest gefeiert. Nach dem Sagensammler Anton von Perger war das Feiern des ersten Veilchens ein im Mittelalter in ganz Süddeutschland gefeierter Brauch.
Die Anhänger Napoléons erkoren das Veilchen zu ihrem Emblem, als der Kaiser nach Elba verbannt wurde und schwor, dass er mit den Veilchen nach Paris zurückkehren werde. Mit Veilchensträußen und dem Tragen veilchenfarbener Kleidungsstücke demonstrierten die Anhänger Napoleons ihre politische Gesinnung. Angeblich war das Veilchen die Lieblingspflanze Napoleons, nachdem ihm seine große Liebe Joséphine de Beauharnais am Abend ihres Kennenlernens einen Veilchenstrauß zugeworfen hatte. Nach seinem Tod fand man auf seiner Brust in einer goldenen Kapsel zwei getrocknete Veilchen.
Veilchen symbolisieren Demut und Bescheidenheit.
Man findet das Duftveilchen gelegentlich als Attributpflanze Mariens auf Bildern des späten Mittelalters und der Renaissance – z. B. auf dem Bild Madonna mit dem Veilchen von Stefan Lochner. Wiederum nach Beuchert symbolisieren Veilchen neben dem Kreuz Christi als violette Trauerfarbe sowohl den Schmerz über Christi Tod wie auch die weltweite Verbreitung seiner Lehre, die in diesem Augenblick begann.
Auf Postkarten und Postern weit verbreitet ist auch ein Albrecht Dürer zugeschriebener Veilchenstrauß. Das eigentliche Kunstwerk stammt jedoch nach heutigem Stand der Forschung nicht von Dürer selbst (siehe hier).
Der Frühlingsbote Veilchen ist die Lieblingsblume vieler Dichter und Schriftsteller. Zu diesen zählen u. a. Homer, Johann Wolfgang von Goethe sowie die Troubadoure.
Und Goethe schrieb:
Als Frühlingsbote hat Eduard Mörike das Veilchen in seinem Gedicht „Er ist’s“ verewigt:
Poetisch sind auch die sittsamen Sprüche, die sich junge Mädchen noch vor wenigen Jahrzehnten ins Poesiealbum schrieben: