Die PyrenĂ€en (spanisch Pirineos, französisch PyrĂ©nĂ©es, baskisch Pirinioak, katalanisch Pirineus, aragonesisch PerinĂ©s und okzitanisch PirenĂšus; von lateinisch Pyrenaei [montes] âdas pyrenĂ€ische Gebirge zwischen Spanien und Gallienâ) sind eine rund 430 km lange Gebirgskette. Sie trennen die Iberische Halbinsel im SĂŒden vom ĂŒbrigen Europa im Norden und spannen sich vom Atlantischen Ozean im Westen (Golf von Biscaya) bis zum Mittelmeer im Osten (Golf de Roses). Sie sind Teil des Alpidischen Gebirgssystems.
Die Staatsgrenze zwischen Frankreich und Spanien folgt im Wesentlichen dem Gebirgskamm. Mitten in den PyrenÀen liegt auch der Kleinstaat Andorra.
Die Herkunft der Bezeichnung PyrenÀen ist unbekannt. Nach griechischer und römischer Literatur, u. a. nach Silius Italicus, sollen sie nach Pyrene, einer Figur aus der griechischen Mythologie, benannt worden sein.
Die PyrenĂ€en werden unterteilt in die westlichen oder atlantischen PyrenĂ€en, die Hoch- oder ZentralpyrenĂ€en und die östlichen PyrenĂ€en, zu denen der Pic du Canigou gehört. Der Bereich der HochpyrenĂ€en erstreckt sich vom Port de Canfranc im Westen bis zum Val dâAran im Osten.
Die Abgrenzung zum Kantabrischen Gebirge ist flieĂend, kann aber etwa entlang der Linie Pamplona â Leitza â entlang dem Fluss Oria und dann weiter nach Donostia-San SebastiĂĄn gezogen werden.
Der höchste Berg ist mit 3404 Metern der Pico de Aneto im Maladeta-Massiv.
Es gibt rund zweihundert Gipfel ĂŒber 3000 m in den PyrenĂ€en. Die höchsten von ihnen sind vergletschert. Seit etwa Mitte des 19. Jahrhunderts ist ein starker RĂŒckgang der Gletscher zu beobachten. Der ehemals sehr beeindruckende Ossoue-Gletscher am Vignemale hat viel von seiner einstigen GröĂe verloren.
Die Auffaltung der PyrenĂ€en begann wie jene der Alpen vor rund 100 Millionen Jahren in der Kreidezeit und erreichte ihren Höhepunkt im anschlieĂenden TertiĂ€r. Die westlichen PyrenĂ€en bestehen ĂŒberwiegend aus Kalkstein, wogegen in den ZentralpyrenĂ€en verschiedene Granite dominieren. Das Faltengebirge wurde vor allem wĂ€hrend der WĂŒrmeiszeit mit einer geschlossenen Eisdecke ĂŒberzogen. Durch die Eiszeit haben sich etliche HĂ€ngetĂ€ler und viele tausend Gletscherseen gebildet. Durch diese Randbedingungen kann es bei gleichzeitiger Schneeschmelze und starken RegenfĂ€llen zu groĂflĂ€chigen Verheerungen kommen, wie zum Beispiel bei den Ăberschwemmungen in den PyrenĂ€en 2013.
Auf der französischen Seite leben in den groĂen MischwĂ€ldern bis in etwa 1800 m Höhe noch einige BraunbĂ€ren. In den hochalpinen Bereichen ist die PyrenĂ€engĂ€mse (französisch isard, spanisch sarrio oder rebeco) anzutreffen. Sie kommt aber auch im Kantabrischen Gebirge und den Abruzzen vor. Trotz SchutzmaĂnahmen ist die örtliche Unterart pyrenaica des Iberiensteinbocks im Jahr 2000 aus unbekannten GrĂŒnden endgĂŒltig ausgestorben. Am westlichen Ende der Gebirgskette hat der weltweit stark bedrohte EuropĂ€ische Nerz sein letztes natĂŒrliches Vorkommen in Westeuropa. Obwohl ursprĂŒnglich nicht heimisch, haben sich die aus den Alpen eingebĂŒrgerten Murmeltiere sehr verbreitet. Selten und in seinem Bestand bedroht ist der PyrenĂ€en-Desman, eine Art aus der Familie der MaulwĂŒrfe. An Vögeln sind etwa der Stein-, Zwerg-, und Habichtsadler sowie GĂ€nse-, Schmutz- und Bartgeier zu nennen. Meist weitrĂ€umig isolierte Brutvogelarten sind Alpenschneehuhn, Auerhuhn, WeiĂrĂŒckenspecht, Mornellregenpfeifer, MauerlĂ€ufer, Alpendohle, Erlenzeisig, Zitronenzeisig, Ringdrossel und Bergpieper. Es gibt eine groĂe Anzahl von Insekten, hier fallen vor allem die rund 300 Schmetterlingsarten sowie Heuschrecken und KĂ€fer auf. Zu den endemischen Arten dieses Gebirges gehören der PyrenĂ€en-Gebirgsmolch und die Mohrenfalterart Erebia gorgone.
Die Flora enthĂ€lt etwa 4500 Pflanzenarten, von denen 150 endemisch sind. Sie sind Rudimente der letzten groĂen Eiszeiten: wĂ€hrend des PleistozĂ€ns reichten viele Pflanzenarten vom kalten Norden bis in den wĂ€rmeren SĂŒden, aber sie konnten die PyrenĂ€en nicht ĂŒberqueren. Allerdings flĂŒchteten einige von ihnen in TĂ€ler und sind in diesem Gebiet endemisch geworden. Beispiele sind die PyrenĂ€en-Lilie und der PyrenĂ€en-Felsenteller.
Das kleine FĂŒrstentum Andorra liegt in den östlichen PyrenĂ€en. Wie dem Alpenraum kommt auch den PyrenĂ€en eine kulturell verbindende Funktion zwischen den drei Anrainerstaaten zu, was sich beispielsweise durch die Verwendung derselben Sprachen (Katalanisch, Gaskognisch, Baskisch) zeigt.
Es wird extensive Weidewirtschaft mit Schafen, Rindern und Ziegen betrieben, in den Sommermonaten auch als Almwirtschaft. FrĂŒher hĂ€ufig, heute nahezu verschwunden ist dagegen die klassische Wanderweidewirtschaft (Transhumanz).
Vor allem in den westlichen PyrenĂ€en werden verschiedene KĂ€sesorten hergestellt. In dem dort ĂŒberwiegenden Kalkgestein sind vielfach Höhlen vorhanden, in denen der KĂ€se auf den Almen reifen kann. Produziert werden KĂ€se aus Kuh- und Schafmilch, hĂ€ufig auch gemischt. Bekannte Sorten sind der Ossau-Iraty Brebis-PyrĂ©nĂ©es aus dem VallĂ©e dâAspe, dem VallĂ©e dâOssau und den angrenzenden spanischen PyrenĂ€en und der im Baskenland aus Kuhmilch hergestellte PyrenĂ€enkĂ€se mit seiner schwarzen Wachsschicht. Aus Ziegenmilch wird frischer und gelagerter ZiegenkĂ€se hergestellt.
In den Vorgebirgen wird sowohl auf der französischen (Irouléguy, Jurançon, CorbiÚres) als auch auf der spanischen Seite Weinbau betrieben.
Vor der Besiedelung durch Cro-Magnon-Menschen (Homo sapiens) war das spanische Vorland der PyrenÀen bereits von Neandertalern bewohnt, wie Funde in der Höhle Cova Gran de Santa Linya belegen.
Von steinzeitlicher Besiedlung zeugen die Cromlechs der PyrenÀen.
Bis Mitte des 20. Jahrhunderts spielte Schmuggel eine wichtige Rolle. Als Tragtiere dienten in den westlichen PyrenÀen die Pottok-Ponys, wÀhrend sich im Osten die Mérens als Schmugglerponys bewÀhrten.
Nach dem sich abzeichnenden Sieg der Franco-Truppen im Spanischen BĂŒrgerkrieg setzte Ende 1938 die Flucht republikanisch gesinnter Spanier ĂŒber die PyrenĂ€en in den SĂŒden Frankreichs ein. Diese Fluchtbewegung, die Retirada (RĂŒckzug), erreichte ihren Höhepunkt in den ersten Monaten des Jahres 1939, nachdem die französische Regierung die französisch-spanische Grenze am 28. Januar fĂŒr Zivilisten und am 5. Februar fĂŒr Angehörige der republikanischen StreitkrĂ€fte geöffnet hatte.
Der PyrenĂ€ismus war eine hauptsĂ€chlich literarische Bewegung. Ihr GrĂŒnder war der französische Politiker Louis Ramond de CarbonniĂšres. Die Bewegung beschĂ€ftigt sich mit der kĂŒnstlerischen Auseinandersetzung mit Natur und Lebensweise in den PyrenĂ€en. Im Sommer 1926 bereiste der deutsche Publizist Kurt Tucholsky das Gebirge. Seine EindrĂŒcke verarbeitete er in dem 1927 erschienenen Essayband âEin PyrenĂ€enbuchâ, der in der Tradition von Heines âReisebildernâ steht.
Es gibt in den PyrenĂ€en drei Nationalparks. Der Ă€lteste ist der 1917 auf der spanischen Seite geschaffene Nationalpark Ordesa y Monte Perdido, sĂŒdlich vom Cirque de Gavarnie gelegen. Dieser umfasst eine FlĂ€che von etwa 156 kmÂČ. Gleichfalls in Spanien liegt der Nationalpark AigĂŒestortes i Estany de Sant Maurici mit einer Ausdehnung von rund 141 kmÂČ und ist damit der kleinste der drei Nationalparks. Auf der französischen Seite wurde 1967 der Bereich von den Bergen sĂŒdlich von Lescun im VallĂ©e dâAspe im Westen bis einschlieĂlich zum NĂ©ouvielle-Massiv im Osten zum Nationalpark PyrenĂ€en (Parc national des PyrĂ©nĂ©es) erklĂ€rt. Dieser hat eine FlĂ€che von 457 kmÂČ.
Einer der bedeutendsten PyrenĂ€enforscher war der französische Geograph und Alpinist Franz Schrader (1844â1924), dessen Vater zu Beginn des 19. Jahrhunderts aus Magdeburg nach Frankreich ĂŒbergesiedelt war. Er hat verschiedene bedeutende Massive der PyrenĂ€en kartiert, besonders bekannt wurde er fĂŒr die Erforschung der Cirque de Gavarnie, zu deren FĂŒĂen im kleinen Ort Gavarnie er auch begraben liegt, neben einem anderen bekannten PyrenĂ€enforscher, Henry Russell. Schrader war der Erstbesteiger der Grand Bachimale (3144 m), der Dreitausender wurde ihm zu Ehren Pic Schrader benannt. Schrader war PrĂ€sident des Club Alpin Français und Ritter der Ehrenlegion.
Wie jedes Hochgebirge stellen die PyrenĂ€en ein bedeutendes Hindernis fĂŒr den landgebundenen Verkehr dar. Die wichtigsten StraĂen- und Bahnverbindungen befinden sich daher ganz im Osten und ganz im Westen des Gebirges â da, wo es noch relativ niedrig ist.
Im Westen fĂŒhrt die Autobahn zwischen Bordeaux bzw. Toulouse einerseits, dem spanischen Baskenland und Madrid andererseits, ĂŒber den GrenzĂŒbergang IrĂșn (Behobia). Die Autobahn im Osten verbindet Marseille und Barcelona sowie die ĂŒbrigen Orte der französischen bzw. spanischen MittelmeerkĂŒste und ĂŒberschreitet die Grenze in dem kleinen Ort Le Perthus; auf spanischer Seite liegt an der Grenze die Gemeinde La Jonquera. Ăber diese beiden Autobahn-GrenzĂŒbergĂ€nge lĂ€uft der gröĂte Teil des Warenverkehrs zwischen der iberischen Halbinsel und dem ĂŒbrigen Europa.
Wichtige LandstraĂen verbinden die StĂ€dte Pau (Frankreich) und Jaca bzw. Huesca (Spanien) durch den Somport-Tunnel sowie Foix (Frankreich) und Manresa (Spanien) ĂŒber den GrenzĂŒbergang Bourg-Madame/PuigcerdĂĄ und durch den CadĂ-Tunnel. Die sonstigen StraĂen, die die PyrenĂ€en ĂŒberschreiten, haben vorwiegend nur regionale Bedeutung.
ErwÀhnenswert ist der camino francés, der von Frankreich ausgehende Jakobsweg, der Pilgerweg nach Santiago de Compostela. Viele Pilger beginnen ihn in der Kleinstadt Saint-Jean-Pied-de-Port, etwa 8 Kilometer vor der spanischen Grenze.
Andorra ist nur ĂŒber eine einzige LandstraĂe erreichbar, wobei von Frankreich aus entweder der Envalira-Tunnel oder die LandstraĂe ĂŒber den Envalira-Pass zu benutzen ist.
Die wichtigsten Eisenbahnverbindungen sind:
Aus topographischen GrĂŒnden hatte sich Spanien fĂŒr die iberische Breitspur entschieden; alle Grenzbahnhöfe waren fĂŒr die Kontrolle der FahrgĂ€ste beim Umsteigen und die Zollabfertigung aller GĂŒter beim Umladen in die ZĂŒge des jeweils anderen Landes eingerichtet. Erst mit Eröffnung der Schnellfahrstrecke in europĂ€ischer Normalspur fiel dieser Zeitverlust (bzw. der technische Aufwand einer Umspurung) im internationalen Betrieb weg.
Eine geringere Bedeutung fĂŒr den internationalen Verkehr haben die bis zu 45Â â° steilen Strecken im Landesinneren:
Alternativ erreicht man Latour-de-Carol von Perpignan aus mit Umstieg in den âGelben Zugâ der Ligne de Cerdagne in Villefranche-de-Conflent.
Als weitere durchgehende ErschlieĂung von Nord und Ost wurde auf französischer Seite die Bahnstrecke von Carcassonne nach Rivesaltes gebaut, die jedoch in ihrem Abschnitt parallel zum DĂ©filĂ© de la Pierre-Lys (Aude-Schlucht) ab Quillan unterbrochen ist und ab Axat nur als Museumsbahn betrieben wird.
Die geplante fĂŒnfte PyrenĂ€enquerung per Bahn, von Boussens nach Lleida, wurde von ihren Enden aus nur bis Oust (AriĂšge) bzw. La Pobla de Segur gebaut. Der französische Teil existiert heute nur noch als Bahntrassenradweg (voie verte).