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Bosnien und Herzegowina
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Nachbarstaaten: (7)
Die Nachbarstaaten werden automatisch anhand der Grenzen errechnet. Daher kann es vorkommen, dass ein Nachbarstaat fehlt oder zu viel angezeigt wird.
Informationen : Bosnien und HerzegowinaBosnien und Herzegowina (bosnisch/kroatisch/serbisch-lateinisch Bosna i Hercegovina [ËbÉsnaixÉrÊŠeËÉĄoËvina], serbisch-kyrillisch ĐĐŸŃĐœĐ° Đž ЄДŃŃĐ”ĐłĐŸĐČĐžĐœĐ°, AbkĂŒrzungen: BiH/ĐОЄ; auch Bosnien-Herzegowina oder verkĂŒrzt Bosnien genannt) ist ein sĂŒdosteuropĂ€ischer Bundesstaat. Er besteht geografisch aus der Region Bosnien im Norden â die rund 80 Prozent des Staatsgebietes einnimmt â und der kleineren Region Herzegowina im SĂŒden. Politische Teilgebiete des Bundesstaates sind die Föderation Bosnien und Herzegowina, die Republika Srpska sowie der BrÄko-Distrikt als Sonderverwaltungsgebiet. Hauptstadt und zugleich gröĂte Stadt des Staates ist Sarajevo. Weitere GroĂstĂ€dte sind Banja Luka, Tuzla, Zenica, Bijeljina und Mostar.
Das Staatsgebiet liegt östlich des Adriatischen Meeres auf der Balkanhalbinsel und befindet sich nahezu komplett im Dinarischen Gebirge. Nachbarstaaten sind im Norden und Westen Kroatien, im Osten Serbien und Montenegro im SĂŒdosten. Des Weiteren hat der Staat bei Neum im Neum-Korridor einen rund 25 Kilometer langen KĂŒstenstreifen an der Adria. Die bosnisch-herzegowinische Bevölkerung betrug 2020 gut 3,3 Millionen (siehe Bosnier und Herzegowiner).
Der Staat ging in seiner heutigen Form aus dem Abkommen von Dayton (1995) hervor und ist laut diesem Rechtsnachfolger der Republik Bosnien und Herzegowina, die unmittelbar nach einem Referendum Anfang 1992 gegrĂŒndet wurde und wĂ€hrend des Bosnienkrieges das einzige international anerkannte von insgesamt vier Staatsgebilden auf dem Territorium Bosnien und Herzegowinas war. Der Vertrag von Dayton beendete den Krieg im Land und schuf einen einheitlichen, jedoch stark dezentralisierten (föderalistischen) Staat. Heute besteht Bosnien und Herzegowina aus den beiden EntitĂ€ten Föderation Bosnien und Herzegowina (mehrheitlich von Bosniaken und bosnischen Kroaten bevölkert) und Republika Srpska (mehrheitlich von bosnischen Serben bevölkert). Das Sonderverwaltungsgebiet BrÄko wurde nachtrĂ€glich aus zu beiden EntitĂ€ten zugehörigen Anteilen der Vorkriegs-GroĂgemeinde BrÄko geschaffen und fungiert heute als Kondominium beider EntitĂ€ten, verwaltet sich jedoch selbstĂ€ndig.
Bosnien und Herzegowina ist Mitglied des MitteleuropĂ€ischen Freihandelsabkommens, der Vereinten Nationen, der Organisation fĂŒr Islamische Zusammenarbeit (Beobachterstatus), des Europarates und der Union fĂŒr den Mittelmeerraum sowie Teilnehmer der Organisation fĂŒr Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, der EuropĂ€ischen Politischen Gemeinschaft und des Kooperationsrates fĂŒr SĂŒdosteuropa.
Des Weiteren ist der Staat seit 2010 offizieller NATO-Beitrittskandidat. Beim Gipfeltreffen der EU-Mitgliedstaaten in BrĂŒssel am 15. Dezember 2022 wurde Bosnien und Herzegowina offiziell der Status als Beitrittskandidat der EuropĂ€ischen Union vergeben. Am 12. MĂ€rz 2024 empfahl die EU-Kommission die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen. Am 21. MĂ€rz 2024 einigten sich die Staats- und Regierungschefs der EuropĂ€ischen Union auf dem EU-Gipfel in BrĂŒssel auf die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Bosnien und Herzegowina.
Bosnien und Herzegowina liegt im westlichen Teil der Balkanhalbinsel und ist in weiten Teilen durch eine bewaldete Mittelgebirgslandschaft geprĂ€gt, wobei die höchsten Berge Höhen von fast 2400 Metern ĂŒber dem Meeresspiegel erreichen. Ein Teil des Berglandes, insbesondere in den westlichen Staatsteilen und der Herzegowina, ist verkarstet. Das hier anfallende OberflĂ€chenwasser gelangt nicht in die groĂen Flusssysteme, sondern versickert gröĂtenteils. Im SĂŒden sowie in der nördlich gelegenen Save-Niederung gibt es auch flachere Regionen, die landwirtschaftlich genutzt werden. Ebenfalls im SĂŒden befindet sich die 20 Kilometer lange Adria-KĂŒste bei Neum.
Bosnien und Herzegowina hat eine insgesamt 1538 Kilometer lange AuĂengrenze zu seinen drei Nachbarstaaten. Davon entfallen
Der einzige Zugang zum Meer ist der Neum-Korridor, ein Gebietsstreifen, der das kroatische Staatsgebiet auf einer Breite von etwa 7,5 Kilometern unterbricht. Der sĂŒdliche Teil Kroatiens mit der Stadt Dubrovnik war ursprĂŒnglich ĂŒber den Landweg nur ĂŒber das Gebiet Bosnien und Herzegowinas bzw. von Osten aus Montenegro zu erreichen. Seit Mitte 2022 bildet die PeljeĆĄac-BrĂŒcke eine StraĂenverbindung zwischen den beiden Teilen Kroatiens, die den Neum-Korridor umgeht.
Bosnien und Herzegowina ist aufgrund seiner zentralen Lage die einzige ehemalige jugoslawische Teilrepublik, die ausschlieĂlich von anderen ehemaligen Teilrepubliken umgeben ist.
Die höchstgelegenen Gebiete des Landes befinden sich im SĂŒdosten, an der historischen Grenze zwischen Bosnien und der Herzegowina. Der Gipfel des sĂŒdlich von FoÄa an der montenegrinischen Grenze gelegenen MagliÄ-Massivs ist mit 2386 Metern der höchste Punkt. Der Rest des Landes ist vorwiegend von Mittelgebirgslandschaft geprĂ€gt.
Bosnien und Herzegowina liegt im Ăbergangsgebiet zwischen mediterranem und kontinentalem Klima. Die Winter können sehr kalt werden und Temperaturen bis zu â20 Grad Celsius sind keine Seltenheit. Die Sommer sind aufgrund der Lage des Landes ĂŒberwiegend sehr heiĂ und trocken.
Der Staat lÀsst sich nach den Klimazonen in drei Landschaftszonen einteilen.
An der Nordgrenze hat Bosnien und Herzegowina Anteil an der Pannonischen Tiefebene, die sich hier im Bereich der Save-Niederung erstreckt.
Die Dinarische Gebirgsregion, auch âBosnische Dinaridenâ genannt, erstreckt sich vom SĂŒdosten des Landes quer ĂŒber die Mittelregion bis hin zum Nordwesten. GeprĂ€gt wird diese Landschaft von zahlreichen Bergen, die weniger verkarstet, sondern mit WaldoberflĂ€chen bedeckt sind. In dieser Landschaftszone befinden sich unter anderem StĂ€dte wie Sarajevo, Zenica und BihaÄ. Diese Gebiete sind im Sommer meist sehr warm mit bis zu 35 °C und im Winter kalt, wobei die Temperatur auch auf â15 °C sinken und viel Schnee fallen kann.
Die Herzegowina ist zumeist Teil der adriatischen KĂŒstenregion. Die von mediterranen EinflĂŒssen geprĂ€gte Herzegowina besteht hauptsĂ€chlich aus Karst bzw. verkarsteten GebirgszĂŒgen. Der Fluss Neretva, der aus der nordöstlichen Herzegowina durch Mostar in Richtung AdriakĂŒste flieĂt, ist der gröĂte und bekannteste dieser Region.
Die wichtigsten FlĂŒsse des Landes sind Save und Drina, die Bosnien und Herzegowina im Norden und Osten begrenzen, sowie die Bosna, welche im Landesinneren entspringt und in die Save mĂŒndet. Fast das gesamte Gebiet Bosniens gehört zum Einzugsgebiet der Save bzw. des Schwarzen Meeres, wĂ€hrend die FlĂŒsse der Herzegowina â zum Teil unterirdisch â in die Adria entwĂ€ssern.
Die TĂ€ler der gröĂeren FlĂŒsse Bosniens erstrecken sich fast ausschlieĂlich in Nord-SĂŒd-Richtung, was fĂŒr die Siedlungs- und Verkehrsgeschichte des Landes von Bedeutung ist. Zu den gröĂeren FlĂŒssen zĂ€hlen die Una und Sana, der Vrbas und die Neretva. Abgesehen von der Save an der Grenze zu Kroatien ist kein Fluss in Bosnien und Herzegowina schiffbar.
Bosnien und Herzegowina liegt im Blauen Herz Europas.
Bosnien und Herzegowina hat wenige bedeutende Seen. Die meisten groĂen StillgewĂ€sser wurden kĂŒnstlich angestaut. GroĂe Stauseen gibt es an Drina (z. B. Zvorniksee), Neretva (JablaniÄko jezero), Vrbas und TrebiĆĄnjica (BileÄko jezero). Auch der ModraÄko jezero bei Lukavac im Kanton Tuzla ist ein Stausee.
Nur ein knappes FĂŒnftel der StaatsflĂ€che ist fĂŒr den Ackerbau geeignet. Diese FlĂ€chen befinden sich vor allem entlang der Save, am Unterlauf der Neretva und in den Poljen der Herzegowina.
Die Tier- und Pflanzenwelt des Landes ist artenreich und vielfÀltig. Die Flora und Fauna des Landes profitiert von der geringen Bevölkerungsdichte und den unbewohnten Landstrichen. Um die 60 Prozent der FlÀche von Bosnien und Herzegowina sind bewaldet, besonders das Gebirge ist sehr waldreich. Durch die schwere ZugÀnglichkeit ist die Natur auch wenig bedroht. So konnte der Lebensraum vieler seltener Tiere und Pflanzen erhalten werden.
Viele bedrohte Pflanzenarten haben in den Hochgebirgen des Landes einen Lebensraum. Im Nationalpark Sutjeska am gleichnamigen Fluss befindet sich der PeruÄica-Urwald â einer der gröĂten, die noch in Europa erhalten sind. Im Bereich des Dinarischen Gebirges gilt eine Höhe von 500 bis 1000 Metern als Niedrigzone. In diesem Bereich sind Eichen- und Buchenbewaldung typisch. In der Höhe von 1500 Metern kommt eine Buchen-, Fichten-, Tannen- und Kieferbewaldung vor. Ein Baum, der in fast allen Gebirgen des Landes vorkommt, ist die Waldkiefer. Eine Mischung aller dieser Baumarten findet man vor, wenn bewaldete Bereiche schon in niedriger Höhe beginnen und sich nach oben fortsetzen. In diesem Falle spricht man von einer Illyrischen Florenprovinz.
Man kann in allen Bereichen der Hochzone GebirgsgewĂ€chse wie beispielsweise Windröschen, Thymian und Katzenkraut antreffen. Sie sind wie die klassische Alpenflora auf den Bergen zu finden. Eine Besonderheit sind die durch HöhleneinbrĂŒche entstandenen Dolinen. Auf den groĂen FlĂ€chen der Dolinen findet man typische Pflanzen einer kĂ€lteren Gebirgslandschaft, wĂ€hrend auf den RĂ€ndern mittelmeertypische Pflanzen wachsen. Ein gutes Beispiel fĂŒr die Flora des Landes ist das Gebirge BjelaĆĄnica. Man trifft am FuĂe des Berges verschiedene Laubbaumarten wie Eichen, Trauben- bzw. Wintereichen, WeiĂdorn und Schwarzbuchen an. In den höheren Regionen herrscht ein Mischwald mit Buchen und Tannen.
Der Walnussbaum ist in SĂŒdosteuropa heimisch und in der Niedrigzone weit verbreitet. Die Hochgebirge weisen ĂŒberwiegend Wacholder auf, welcher auĂerordentlich widerstandsfĂ€hig gegen KĂ€lte ist. Im FrĂŒhling kann man eine groĂe Zahl an Blumen finden. Typische Vertreter sind Veilchen, Enziane, Narzissen, Kamille, BĂ€rlauch, duftende SchlĂŒsselblumen, Natternköpfe und StiefmĂŒtterchen. Viele bereits weitrĂ€umig ausgestorbene Blumen haben sich in Bosnien und Herzegowina eingebĂŒrgert, wie beispielsweise die OrchideengewĂ€chse am ProkoĆĄkosee. Manche kalkhaltige Böden bieten ideale Bedingungen fĂŒr OrchideengewĂ€chse wie z. B. fĂŒr das Rote Waldvöglein oder die Berghyazinthe. Wegen des warmen Klimas gedeihen in dieser Region auch LiliengewĂ€chse. Zum Beispiel wachsen in Bosnien und Herzegowina einige seltene Vertreter der Gattung Tulipa, wie z. B. die Tulipa biflora, die von Kroatien bis Albanien verbreitet ist oder die Tulipa orphanidea, welche eine Seltenheit ist und von der unberĂŒhrten Natur profitiert.
Zudem weist das Land eine beachtliche Anzahl an Endemiten auf. Das Lilium carniolicum var. bosniacum ist im zentralen Bosnien auf kalkhaltigen Böden endemisch. Lange war seine Klassifikation unklar, was dazu fĂŒhrte, dass man es als Unterart bzw. VarietĂ€t zu den PyrenĂ€en-Lilien oder als Synonym zu den Lilia chalcedonica zĂ€hlte. Erst nach molekulargenetischen Untersuchungen wurde es schlieĂlich der Krainer Lilie zugeordnet. Eine Pflanze, die auch lange ohne eindeutige Zuordnung war und in Bosnien gedeiht, ist Lilium jankae. Das Vorkommen reicht bis hin zu den Rhodopen.
Aale kann man z. B. in Hutovo Blato antreffen. Hutovo Blato ist ein Naturpark, zu dem viele kleine Seen und SĂŒmpfe gehören. Auch eine groĂe Anzahl anderer Wassertierarten, besonders zahlreiche Krebsarten, kommen vor.
Von vielen verschiedenen Schlangenarten, die man in Bosnien und Herzegowina antreffen kann, sind zwei giftig. Zu den giftigen gehören die EuropĂ€ische Hornotter und die Kreuzotter. Die Vierstreifennatter ist eine der ungiftigen Arten. Neben Schlangen lebt auch eine groĂe Anzahl anderer Reptilien wie z. B. Echsen in Bosnien und Herzegowina.
Die Vogelwelt hat sich in den bosnischen Gebirgen gut erhalten. Der GrĂŒnspecht ist in den LaubwĂ€ldern und der Schwarzspecht in den NadelwĂ€ldern des Landes heimisch. GĂ€nsegeier sind in einigen Bergen wie z. B. der BjelaĆĄnica beheimatet. Zu den wichtigsten Greifvögeln des Landes gehören die Steinadler sowie die Falkenarten. Der Steinadler ist in KĂŒstennĂ€he und in den vielen vorkommenden Gebirgen beheimatet. Der Turmfalke ist in ganz Bosnien und Herzegowina anzutreffen. Der Lannerfalke kommt in einigen wenigen Brutpaaren in der Herzegowina vor. Auch sind unzĂ€hlige Insekten- und KĂ€fergattungen im Land vertreten.
Das gröĂte Tier des Landes ist der vom Aussterben bedrohte BraunbĂ€r, von dem rund 2800 Exemplare in Bosnien und Herzegowina leben.
GroĂe Landesteile sind nur dĂŒnn besiedelt. Vereinfacht dargestellt konzentriert sich der GroĂteil der Bevölkerung im Raum Sarajevo sowie in den TĂ€lern der gröĂeren FlĂŒsse, v. a. der Bosna.
Im Jahr 2023 lebten 50 Prozent der Einwohner Bosnien und Herzegowinas in StĂ€dten. Die gröĂten StĂ€dte in Bosnien und Herzegowina sind (Einwohnerzahlen fĂŒr die GroĂgemeinden):
Bosnien und Herzegowina hatte 2022 3,2 Millionen Einwohner. Die Einwohnerzahl sank um 1,2 %. Zum BevölkerungsrĂŒckgang trug ein SterbeĂŒberschuss (Geburtenziffer: 8,3 pro 1000 Einwohner vs. Sterbeziffer: 15,9 pro 1000 Einwohner) bei. Die Bevölkerung sinkt seit den 1990er-Jahren infolge des Krieges, aufgrund von Auswanderung und wegen der niedrigen Geburtenrate. Die Anzahl der Geburten pro Frau lag 2022 statistisch bei 1,3, die der Region Europa und Zentralasien betrug 1,7. Der Median des Alters der Bevölkerung lag im Jahr 2021 bei 41,8 Jahren. Im Jahr 2023 waren 14,7 Prozent der Bevölkerung unter 15 Jahre, wĂ€hrend der Anteil der ĂŒber 64-JĂ€hrigen 18,7 Prozent der Bevölkerung betrug.
Die StaatsbĂŒrger Bosnien und Herzegowinas werden als Bosnier bezeichnet. Damit sind Bosniaken und Kroaten wie auch Serben gemeint, die in Bosnien und Herzegowina beheimatet sind. Dagegen werden mit dem Begriff Bosniaken ausschlieĂlich die bosnischstĂ€mmigen Muslime bezeichnet. Alle zĂ€hlen zu den âdrei konstituierenden Völkernâ des Staates und sind offiziell gleichberechtigt.
Die VolkszĂ€hlung 2013 ergab einen Anteil von 50,1 Prozent Bosniaken (gröĂtenteils Muslime), 30,8 Prozent Serben (gröĂtenteils Orthodoxe) sowie 15,4 Prozent Kroaten (gröĂtenteils Katholiken). Der Rest der Bevölkerung gehört entweder einer der 17 offiziell anerkannten Minderheiten wie Roma und Juden an oder gab keine ethnische Zuordnung an. Die ethnische Selbstzuordnung der Bosnier basiert hauptsĂ€chlich auf ihrer Religionszugehörigkeit und der teils damit verbundenen kulturellen Unterschiede. Eine sprachliche Trennung gibt es innerhalb Bosniens nicht, da alle Volksgruppen ijekavisch-neuĆĄtokavische Dialekte des Serbokroatischen sprechen. Seit den Jugoslawienkriegen bezeichnen sie ihre Sprache jedoch in der Regel analog zur ethnischen Zugehörigkeit als Bosnisch, Kroatisch oder Serbisch und verwenden den entsprechenden schriftsprachlichen Standard.
2017 waren 1,1 % der ansÀssigen Bevölkerung im Ausland geboren.
Die Einwohner Bosniens und der Herzegowina sprechen ĂŒberwiegend ijekavische VarietĂ€ten der ĆĄtokavischen Dialektgruppe, die sich untereinander nur gering unterscheiden. In der geschriebenen Standardsprache werden â entsprechend den in Bosnien und Herzegowina verwendeten drei StandardvarietĂ€ten â Bosnisch, Kroatisch und Serbisch genutzt. In Teilen der Sprachwissenschaft werden diese Varianten als eigenstĂ€ndige Standardsprachen betrachtet; andere Autoren â u. a. SnjeĆŸana KordiÄ â ordnen sie als StandardvarietĂ€ten einer gemeinsamen plurizentrischen Sprache (Serbokroatisch) ein. 2017 wurde â u. a. auf Initiative von KordiÄ â die Deklaration zur gemeinsamen Sprache veröffentlicht, die die wechselseitige VerstĂ€ndlichkeit und den gemeinsamen Standardrahmen betont.
Im alltĂ€glichen Sprachgebrauch dominiert im gröĂten Teil des Landes die ijekavische Aussprache â sie wird von Bosniaken, Kroaten und Serben in Bosnien und Herzegowina verwendet. Ikavische VarietĂ€ten sind vor allem in Teilen der kroatisch geprĂ€gten Westherzegowina verbreitet und schlieĂen an angrenzende Regionen Kroatiens (etwa Lika) an.
Regelungen zum amtlichen Gebrauch von Sprachen und Schriften werden in Bosnien und Herzegowina auf EntitÀts- und Distrikt-Ebene getroffen.
In der Föderation Bosnien und Herzegowina sind Bosnisch, Kroatisch und Serbisch Amtssprachen; amtliche Schriften sind Latein und Kyrillisch.
In der Republika Srpska sind die âSprache des serbischen Volkes, die Sprache des bosniakischen Volkes und die Sprache des kroatischen Volkesâ Amtssprachen; amtliche Schriften sind Kyrillisch und Latein.
Im BrÄko-Distrikt werden Bosnisch, Kroatisch und Serbisch sowie Latein und Kyrillisch gleichberechtigt fĂŒr amtliche Zwecke verwendet.
Die tatsÀchliche Verwendung der Schriften variiert regional:
Im zeitlichen Umfeld des Bosnienkrieges gewann die kyrillische Schrift unter bosnischen Serben zeitweise zusÀtzlich an Sichtbarkeit; sie war in der Republika Srpska zwischenzeitlich konsequenter in Gebrauch als in Serbien selbst.
Sporadisch werden FĂ€lle von Ăbermalungen oder BeschĂ€digungen zweisprachiger Schilder dokumentiert; die Behörden verfolgen solche Vorkommnisse als Ordnungs- oder SachbeschĂ€digungsdelikte.
Kyrillisch ist in der Republika Srpska weiterhin in der amtlichen Korrespondenz, auf Vordrucken und Belegen merklich vertreten. In der föderalen Verwaltung ĂŒberwiegt in vielen Bereichen die lateinische Schrift; beide Schriften sind jedoch fĂŒr amtliche Zwecke vorgesehen.
Die Unterschiede zwischen den drei StandardvarietĂ€ten sind gering und betreffen vor allem Lexik (z. B. enthĂ€lt die bosnische Standardsprache mehr Osmanismen wie akĆĄam âAbendâ) sowie einzelne phonologische und orthographische Konventionen. Sprachen nichtstĂ€mmiger Minderheiten â etwa Romani â sind ebenfalls prĂ€sent.
In Bosnien und Herzegowina gibt es seit Jahrhunderten ein Nebeneinander verschiedener Religionen und Glaubensrichtungen. Die meisten Einwohner werden formell einer der zwei groĂen monotheistischen Religionsgemeinschaften (Christentum und Islam) zugerechnet: Muslime (nach dem Zensus 2013 ca. 50,7 %, meist ethnische Bosniaken), mehrheitlich serbische orthodoxe Christen (2013 ca. 30,7 %) sowie mehrheitlich kroatische römisch-katholische Christen (ca. 15,2 %). FĂŒr viele Einwohner ist diese Zuordnung aber seit der jugoslawischen Zeit eher Ausdruck einer kulturellen, historischen oder familiĂ€ren Verbundenheit als einer tatsĂ€chlichen ReligiositĂ€t. Nach der VolkszĂ€hlung von 2013 sind 0,3 % Agnostiker und 0,8 % Atheisten. 2,3 % der Gesamtbevölkerung des Staates gehören anderen Gruppen wie dem Protestantismus an, gaben nichts an, oder gaben keine Antwort.
1991 waren noch 42,8 Prozent Muslime, 30,1 Prozent Serbisch-Orthodoxe und 17,6 Prozent Katholiken. 5,7 Prozent bezeichneten sich als Atheisten; die restlichen 3,8 Prozent zÀhlten zu anderen Glaubensrichtungen oder waren konfessionslos.
2008 lebten rund 1000 Juden in Bosnien und Herzegowina, etwa 900 Sepharden und 100 Aschkenasi. Die gröĂte Gemeinde ist die von Sarajevo mit etwa 700 Mitgliedern. 1400 der 2000 im Bosnienkrieg aus Sarajevo vor allem nach Israel geflĂŒchteten Juden haben immer noch die bosnische StaatsbĂŒrgerschaft. 600 von ihnen möchten laut einer von 2012 bis 2014 dauernden Forschungsarbeit wieder nach Sarajevo zurĂŒckkehren. Laut der Befragung sehen die Juden Bosnien und Herzegowina nach Israel als fĂŒr sie zweitsichersten Staat der Welt an und bewerten die Sicherheitslage mit einer Schulnote von 1,3.
Eine Schulpflicht besteht bis zur neunten Schulklasse. Die Absolventen können sich im Anschluss daran fĂŒr eine dreijĂ€hrige Berufsausbildung oder fĂŒr eine drei- bis vierjĂ€hrige Sekundarschulausbildung an Gymnasien, kirchlichen Schulen, Kunstschulen, technischen Schulen oder Lehrerbildungsinstituten entscheiden. Der Zugang zu den UniversitĂ€ten steht nach Bestehen einer AufnahmeprĂŒfung den Absolventen einer Sekundarschule sowie â eingeschrĂ€nkt â Absolventen von Berufsschulen offen.
Die ZustĂ€ndigkeit der Kantone (innerhalb der Föderation) und der Republika Srpska fĂŒr die Kultur- und Bildungspolitik fĂŒhrt zu einem zersplitterten Bildungssystem mit teilweise ethnozentrisch bestimmten LehrplĂ€nen. In Gebieten mit ethnisch gemischter Bevölkerungsstruktur werden SchĂŒler hĂ€ufig nach Volksgruppen getrennt unterrichtet. UniversitĂ€ten gibt es in Sarajevo, Ost-Sarajevo (Pale), Banja Luka, Mostar (die kroatisch dominierte SveuÄiliĆĄte Mostar und die bosniakisch dominierte UniversitĂ€t âDĆŸemal BijediÄâ), Tuzla, Zenica und BihaÄ.
2015 konnten 98,5 Prozent der Bevölkerung lesen und schreiben.
Die Gesundheitsausgaben des Landes betrugen im Jahr 2021 9,6 % des Bruttoinlandsprodukts. Die Sterblichkeit bei unter 5-jÀhrigen betrug 2022 6,0 pro 1000 Lebendgeburten. Die Lebenserwartung der Einwohner Bosnien und Herzegowinas ab der Geburt lag 2022 bei 75,3 Jahren (Frauen: 77,5, MÀnner: 73,1).
Bosnien und Herzegowina besteht aus zwei historischen Regionen, die aber keine Beziehung zu der heutigen Einteilung in EntitĂ€ten haben: Bosnien und die Herzegowina. Der Landesname Bosnien leitet sich vom Fluss Bosna ab, der nahe der Hauptstadt Sarajevo entspringt. Der Name Herzegowina geht auf den von Stjepan VukÄiÄ KosaÄa verwendeten Herrschertitel Herceg = Herzog (Hercegovina=Herzogsland) zurĂŒck.
Die Region wurde sehr frĂŒh von Menschen besiedelt. ArchĂ€ologische Funde zeugen von den ersten Hochkulturen in Bosnien. Die Butmir-Kultur ist eine archĂ€ologische Kultur des Neolithikums in der Region von IlidĆŸa. Sie besaĂ eine einzigartige Keramik und gehört zu den am besten erforschten Kulturen Europas aus der Zeit von ca. 5500 bis 4500 v. Chr. Die besterforschte Siedlung der Butmir-Kultur liegt am Rand des Ortsteiles OkoliĆĄte der Gemeinde Visoko. Dort konnte durch zahlreiche Ausgrabungen zwischen 1966 und 2008 eine Siedlung der Butmir-Kultur in ihrer Entwicklung ĂŒber 500 Jahre (5200 bis 4700 v. Chr.) vollstĂ€ndig erfasst und dokumentiert werden. Die geborgenen GegenstĂ€nde befinden sich heute im Nationalmuseum von Bosnien und Herzegowina.
SpĂ€ter waren die Illyrer prĂ€gende Bewohner im Gebiet des heutigen Bosnien und Herzegowina und die ersten, ĂŒber die historische Informationen vorliegen. In der Antike war Bosnien lange Teil des Römischen Reiches in der Provinz Illyrien. Die Illyrer besiedelten die westliche HĂ€lfte der Balkanhalbinsel und damit auch Bosnien in der Bronzezeit (um 1200â1100 v. Chr.). ArchĂ€ologische Forschungen haben gezeigt, dass die StĂ€mme vor allem Viehzucht und weniger Ackerbau betrieben. Auch Bergbau (Silber) wurde in Bosnien schon durch die Illyrer betrieben.
Im 7. Jahrhundert wurde die Region von slawischen Völkern besiedelt. Bereits im 9. Jahrhundert wurde Bosnien erstmals urkundlich als eine Region (Banat) erwĂ€hnt. Aus dem Banat Bosnien entstand ein Königreich, das erst ab dem 12. Jahrhundert als gefestigtes Territorium zu fassen ist. SpĂ€testens in der Zeit kurz vor 1250 setzte sich das FĂŒrstenhaus KotromaniÄ durch.
1463 wurde Bosnien von den Osmanen erobert. Durch die Einwanderung der Osmanen nach Bosnien entstanden viele Moscheen und es kam vermehrt zu Konversionen der christlichen Bevölkerung zum Islam, was dazu fĂŒhrte, dass Bosnien aufgrund des höheren Anteils an muslimischer Bevölkerung einen Sonderstatus im Osmanischen Reich genoss. 1527 wurde das Eyalet Bosnien gegrĂŒndet, welches das Gebiet des heutigen Gesamtstaates Bosnien und Herzegowina, Teile Kroatiens, Montenegros, sowie den Sandschak von Novi Pazar umfasste, woraus um 1580 letztendlich das Paschalik Bosnien resultierte. Gebrochen und wieder abgeschĂŒttelt wurde die osmanische Macht durch den Massenaufstand der bosnischen Bevölkerung 1876/78.
1878 stellte der Berliner Kongress nach dem Sieg der Russen ĂŒber die Osmanen die osmanischen Provinzen Bosnien und Herzegowina unter österreichisch-ungarische Verwaltung; zusĂ€tzlich erhielt Ăsterreich-Ungarn Garnisonsrecht im Sandschak von Novi Pazar. Die formale Annexion durch die Habsburger Doppelmonarchie 1908 löste die Bosnische Annexionskrise aus. SelbstĂ€ndigkeitsbestrebungen hatten es auch wegen der ethnischen und religiösen Mischung schwer. Das darauf beruhende Attentat auf den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand 1914 in Sarajevo durch den bosnisch-serbischen Studenten Gavrilo Princip löste die Julikrise aus, die schlieĂlich zum Ersten Weltkrieg fĂŒhrte. Daher wird es als ein wesentlicher Auslöser des Ersten Weltkrieges angesehen. Nach Kriegsende wurde das Land Bestandteil des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen (ab 1929: Königreich Jugoslawien).
Unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg wurde Bosnien und Herzegowina Teil des Königreichs Jugoslawien. Im neu gegrĂŒndeten sĂŒdslawischen Vielvölkerstaat herrschte der aus Serbien stammende König Petar I. (Petar KaraÄorÄeviÄ). Im Gesamtstaat selbst war die politische Stimmung ab Mitte der 1920er-Jahre angespannt, weil vor allem Slowenen und Kroaten nach einer eigenen politischen UnabhĂ€ngigkeit strebten, wĂ€hrend Belgrad den neu gegrĂŒndeten Staat serbisch dominieren wollte. In Bosnien und Herzegowina war die Situation dementsprechend, hier allerdings zwischen den bosnischen Muslimen, Kroaten und Serben.
Der Staat zeichnete sich durch Zentralismus aus; der Autonomiegedanke hinsichtlich nichtserbischer Ethnien und nichtchristlicher Religionen blieb weitgehend unterdrĂŒckt; die ethnischen und die konfessionellen bzw. religiösen Spannungen blieben bestehen und verschĂ€rften sich zum Teil noch. Der einflussreichste bosnische Politiker in dieser Zeit war der PrĂ€sident der Jugoslawischen Muslimischen Organisation, Mehmed Spaho (1883â1939).
1939 kam es zu einem Abkommen (sporazum) zwischen serbischen und kroatischen Vertretern, welches die Einrichtung einer weitgehenden kroatischen Autonomie unter Einbeziehung von Teilen Bosniens und der Herzegowina vorsah. Im FrĂŒhjahr 1941, wĂ€hrend des Zweiten Weltkrieges, wurde das Land von Truppen des Deutschen Reiches und Italiens besetzt. Bosnien und Herzegowina wurde ein Teil des faschistischen Vasallenstaates namens UnabhĂ€ngiger Staat Kroatien.
Im jugoslawischen Partisanenkrieg (1941â1945) war Bosnien-Herzegowina der Hauptkriegsschauplatz, wo die meisten Operationen und Schlachten stattfanden. In keinem anderen Teil Jugoslawiens war die zivile Todesrate höher. Der erfolgreiche Widerstand der von Josip Broz Tito gefĂŒhrten jugoslawischen Partisanen gegen die Besatzer und ihre VerbĂŒndeten gipfelte in den AVNOJ-BeschlĂŒssen vom 29. November 1943 in Jajce, in denen der Grundstein fĂŒr eine neue Föderation sĂŒdslawischer Völker unter der FĂŒhrung der Kommunistischen Partei Jugoslawiens KPJ gelegt wurde.
Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand mit der GrĂŒndung der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien ein Bundesstaat mit den sechs Teilrepubliken Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Mazedonien und Serbien mit den Autonomen Provinzen Kosovo und Vojvodina. Die Sozialistische Republik Bosnien und Herzegowina war flĂ€chenmĂ€Ăig die drittgröĂte Teilrepublik. Ăkonomisch betrachtet lag Bosnien und Herzegowina in Jugoslawien hinter den Teilrepubliken Slowenien, Kroatien sowie Serbien, da es hauptsĂ€chlich auf den industriellen Sektor und teils auf landwirtschaftlichen Betrieb ausgelegt war, im Kontrast zu Slowenien und Kroatien, die vor allem auf den Tourismus ausgelegt waren.
Nach dem 14. Kongress des Bundes der Kommunisten Jugoslawiens 1990 wurde die Kommunistische Partei Jugoslawiens aufgelöst. Damit endete nach 45 Jahren de facto die Herrschaft der Kommunistischen Partei in Jugoslawien. Slowenische und kroatische Politiker schlugen eine Umgestaltung des Staates vor. Sie wollten den Sozialismus beseitigen und eine westlich orientierte demokratische Regierung ins Leben rufen. Da alle VorschlĂ€ge von serbischer Seite abgelehnt wurden und ein System nach dem Prinzip âein Mann â eine Stimmeâ propagiert wurde, kam es wĂ€hrend des Kongresses zu heftigen Streitigkeiten. Deshalb erklĂ€rten Slowenien und Kroatien 1991 ihre UnabhĂ€ngigkeit, so dass Jugoslawien nunmehr nur noch aus den Teilrepubliken Serbien, Montenegro, Mazedonien sowie Bosnien und Herzegowina bestand. Am 29. Februar/1. MĂ€rz 1992 stimmten in Bosnien und Herzegowina bei einem von der serbischen Bevölkerung weitgehend boykottierten Referendum 99,4 % der Abstimmenden fĂŒr eine staatliche SouverĂ€nitĂ€t, bei einer Wahlbeteiligung von 63 %. So erklĂ€rte der Staat am 3. MĂ€rz 1992 seinen Austritt aus dem jugoslawischen Staatsverband und seine UnabhĂ€ngigkeit unter dem offiziellen Namen Republik Bosnien und Herzegowina (Republika Bosna i Hercegovina) in den Grenzen der vorherigen Teilrepublik. Die internationale Anerkennung erfolgte am 17. April 1992, jedoch erkannten die serbischen Vertreter die UnabhĂ€ngigkeit nicht an und grĂŒndeten in den von ihnen kontrollierten Gebieten die âSerbische Republik Bosnien und Herzegowinaâ (Srpska republika Bosna i Hercegovina), die der VorgĂ€nger der heutigen Republika Srpska ist. Der nunmehr ausbrechende und ĂŒber drei Jahre andauernde Bosnienkrieg zwischen der Armee der Republik Bosnien und Herzegowina (ARBiH), der Armee der serbischen Republik (VRS), dem Kroatischen Verteidigungsrat (HVO) und weiteren Akteuren forderte insgesamt etwa 100.000 Todesopfer.
Am Ende des Bosnienkrieges stand der 1995 in Dayton (USA) paraphierte und in Paris am 14. Dezember unterzeichnete Dayton-Vertrag, der den nunmehr föderal organisierten Staat Bosnien und Herzegowina schuf, bestehend aus den beiden EntitĂ€ten Föderation Bosnien und Herzegowina und Republika Srpska. Die innenpolitische Situation war jedoch weiter von den Folgen des Krieges und den anhaltenden Auseinandersetzungen zwischen den drei Volksgruppen bestimmt (siehe Internationale Konflikte der Nachfolgestaaten Jugoslawiens). Zwar bestehen in der Regel keine Konflikte zwischen den bosnischen NormalbĂŒrgern, allerdings steckt der Staat weiterhin in einer politischen Krise, da verschiedene Vorstellungen ĂŒber die Zukunft des Staates bestehen. Vor allem bosniakische Politiker möchten den Gesamtstaat wieder zentralisieren und mittelfristig in die EuropĂ€ische Union integrieren; kroatische Vertreter setzen sich fĂŒr ein neues Wahlrecht und teilweise fĂŒr die Schaffung einer dritten (kroatischen) EntitĂ€t ein und die Vertreter der Republika Srpska fordern eine weitere Dezentralisierung des Staates oder sogar die Abspaltung der Republika Srpska. Keines der drei Modelle fand bisher eine politische Mehrheit im Gesamtstaat.
Im Februar 2014 kam es zunÀchst in Tuzla und spÀter in zahlreichen weiteren StÀdten des Staates zu teils gewalttÀtigen Protesten, die sich gegen die schlechte wirtschaftliche Situation und die Korruption in Politik und Verwaltung richteten.
Serbische Politiker in Banja Luka und Belgrad fördern Spaltungstendenzen, die die fragile Konföderation zerbrechen könnten. Vier Autoren schrieben im MÀrz 2022, dies lasse sogar einen neuen Krieg zwischen den Volksgruppen möglich erscheinen.
Am 12. Oktober 2022 empfahl die EU-Kommission, Bosnien und Herzegowina den Beitrittskandidatenstatus zu verleihen.
Das politische System wird von Wissenschaftlern und Journalisten hĂ€ufig als âkompliziertestes Regierungssystem der Weltâ bezeichnet. Der Gesamtstaat, die EntitĂ€ten und die 10 Kantone haben jeweils eigene legislative und exekutive Strukturen. Dazu unterliegt der Staat noch einem internationalen Mandat, siehe Abschnitt Gliederung des Staates.
Faktisch ĂŒbt einen Teil der Staatsgewalt der Hohe ReprĂ€sentant â seit August 2021 der Deutsche Christian Schmidt â als Vertreter der internationalen Gemeinschaft aus, was damit begrĂŒndet wird, dass infolge des im Krieg entstandenen gegenseitigen Misstrauens unter den Verantwortlichen der Volksgruppen nach wie vor eine Blockadehaltung vorherrsche. AuĂerdem sind nach wie vor rund 1000 auslĂ€ndische Soldaten im Rahmen der EUFOR-Operation âAltheaâ in Bosnien und Herzegowina stationiert.
Die volle rechtliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Gleichberechtigung der Geschlechter und damit das aktive und passive Frauenwahlrecht wurden erstmals in der Verfassung von 1946 (nach einer abweichenden Quelle fĂŒr das aktive und passive Frauenwahlrecht: 31. Januar 1949) garantiert.
Neben dem StaatsprÀsidium werden das aus zwei Kammern bestehende gesamtstaatliche Parlament, die Parlamente der Bosniakisch-Kroatischen Föderation und der Republika Srpska, der PrÀsident des serbischen Teilstaates, seine beiden VizeprÀsidenten sowie in der Föderation die Parlamente der zehn Kantone gewÀhlt.
Die Parteienlandschaft von Bosnien und Herzegowina ist durch die innere Spaltung zersplittert. WĂ€hrend die Regierungsparteien relativ ĂŒberschaubar sind, befinden sich viele unterschiedliche Parteien in der Opposition.
Unter den bosniakischen Parteien ist die SDA die stÀrkste. Auf serbischer Seite dominiert die SNSD um Milorad Dodik, bei den Kroaten die HDZ BiH. Die stÀrksten multiethnischen Parteien sind die SDP und die DF.
Ende Februar 2008 beschlossen EU-Vertreter gemeinsam mit Gesandten der USA und Russlands, den Hohen ReprĂ€sentanten auf unbestimmte Zeit im Land zu lassen. Am 16. Juni 2008 wurde das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der EuropĂ€ischen Union abgeschlossen, das als wichtige Vorstufe fĂŒr den angestrebten Beitritt zur EU gilt. Die Unterzeichnung wurde von einer Polizeireform abhĂ€ngig gemacht. Die Polizei beider Staatsteile wurde aufgerufen intensiver miteinander zu kooperieren, insbesondere um weitere Kriegsverbrecher zu ĂŒberfĂŒhren. Seit 2003 agiert die European Union Police Mission (EUPM) in Bosnien und Herzegowina. PrimĂ€r ist sie fĂŒr die BekĂ€mpfung des organisiertem Verbrechens und fĂŒr die Beratung hinsichtlich der Polizeireform zustĂ€ndig.
Bei den Wahlen am 2. Oktober 2022 erlangten, wie bereits vier Jahre zuvor, 14 Parteien bzw. BĂŒndnisse Sitze im Abgeordnetenhaus. Die Wahlbeteiligung lag bei 50,41 Prozent. In das dreiköpfige StaatsprĂ€sidium wurden als bosniakischer Kandidat Denis BeÄiroviÄ (SDP), als kroatischer Kandidat Ćœeljko KomĆĄiÄ (DF) und als serbische Kandidatin Ćœeljka CvijanoviÄ (SNSD) gewĂ€hlt. Im Januar 2023 wurde eine neue Regierung gebildet und zwar mit den Koalitionspartnern HDZ, SNSD und einer multiethnischen Allianz unter der FĂŒhrung der SDP (âOsmorkaâ). Damit wurde die unter den Bosniaken fĂŒhrende Partei SDA auf der Gesamtstaatsebene von der Regierungsbeteiligung ausgeschlossen. Als Vorsitzende des Ministerrates und damit als Regierungschefin wurde Borjana KriĆĄto (HDZ) ernannt. KriĆĄto ist die erste Frau in der Funktion als Vorsitzende des Ministerrates von Bosnien und Herzegowina.
Bosnien und Herzegowina hat die UN-Frauenrechtskonvention und das Zusatzprotokoll zur Frauenrechtskonvention ratifiziert. Die Todesstrafe ist abgeschafft. Die Internationale Helsinki-Föderation fĂŒr Menschenrechte stellte in ihrem Bericht 2008 fest, dass Diskriminierung in einigen Lebensbereichen wie bei der BeschĂ€ftigung stattfindet. Auch sei die Situation der Verteidiger der Menschenrechte alarmierend. Attacken gegen Journalisten seien eskaliert. Bei dem ersten Queer Festival zum Thema Menschenrechte und SexualitĂ€t im September 2007 sei einer Organisatorin mit dem Tod gedroht und acht Teilnehmer seien geschlagen worden. Vor dem Festival hĂ€tten Politiker, Geistliche und einige Medien eine Kampagne gegen die Veranstaltung gestartet.
Unter Berufung auf BH Journalists sprach der Report 2008 von 54 FĂ€llen, in denen die Rechte von Journalisten oder die Pressefreiheit verletzt worden waren. Es seien 25 FĂ€lle registriert worden, in denen Journalisten angegriffen oder bedroht wurden, auch mit dem Tod.
Bis Ende 2005 lag die Verteidigungspolitik bei den beiden EntitĂ€ten. Seit 2006 unterstehen die StreitkrĂ€fte der StaatsprĂ€sidentschaft und dem 2004 geschaffenen Verteidigungsministerium der Staatsebene. Die gemeinsame Armee besteht aus bis zu 10.000 aktiven Berufssoldaten und einer etwa halb so starken âaktiven Reserveâ. Neben den formal integrierten operativen Strukturen bestehen jeweils ein bosniakisches, serbisches und kroatisches Regiment, die die Traditionen der drei TeilstreitkrĂ€fte ARBiH, HVO und VRS fortfĂŒhren sollen. Die allgemeine Wehrpflicht wurde am 1. Januar 2006 aufgehoben. Angestrebt wird die Integration der StreitkrĂ€fte in europĂ€ische und euroatlantische Strukturen und die Beteiligung an UN-EinsĂ€tzen. 2006 trat Bosnien und Herzegowina der NATO-âPartnerschaft fĂŒr den Friedenâ bei. Im Oktober 2010 wurde ein aus 45 Mitgliedern bestehendes militĂ€risches Kontingent zur UnterstĂŒtzung der International Security Assistance Force (ISAF) nach Afghanistan entsandt. Die TruppenstĂ€rke hat sich bis 2012 auf 53 Soldaten erhöht.
Die politische Gliederung des Staates ist komplex. Seit dem Dayton-Vertrag (auch bekannt als Dayton-Friedensabkommen) besteht Bosnien und Herzegowina aus zwei Gliedstaaten: der Föderation Bosnien und Herzegowina (Federacija Bosne i Hercegovine) mit 2.371.603 Einwohnern (62,55 %) und der Republika Srpska mit 1.326.991 Einwohnern (35 %). Beide EntitĂ€ten verfĂŒgen jeweils ĂŒber eine eigene Exekutive und Legislative. Der Distrikt BrÄko um die gleichnamige nordbosnische Stadt mit 93.028 Einwohnern (2,45 %) untersteht als Kondominium beider EntitĂ€ten direkt dem Gesamtstaat. Die Föderation Bosnien und Herzegowina setzt sich aus zehn Kantonen zusammen, die ĂŒber eigene ZustĂ€ndigkeiten verfĂŒgen. Zu statistischen Zwecken ist auch die Republika Srpska in Regionen eingeteilt, die jedoch keine verwaltungstechnische Bedeutung haben. Die unterste Verwaltungsebene nehmen die 142 Gemeinden (opÄine bzw. opĆĄtine) ein.
Der gesamtstaatlichen Ebene waren zunĂ€chst nur die AuĂenpolitik, die Geldpolitik sowie die AuĂenwirtschaftsbeziehungen zugeordnet. In den vergangenen Jahren wurden die Kompetenzen des Zentralstaats um weitere Aufgaben ergĂ€nzt (Verteidigung, Zoll und indirekte Steuern, Verfolgung und Aburteilung von Kriegsverbrechern und BekĂ€mpfung der SchwerkriminalitĂ€t).
Neben den Regierungen und Parlamenten der beiden EntitĂ€ten gibt es eine gemeinsame Regierung und ein gemeinsames Parlament (Abgeordnetenhaus mit 42 Sitzen und Kammer der Völker mit 15 Sitzen) fĂŒr den Gesamtstaat. Die drei Volksgruppen haben je einen Vertreter in einem dreiköpfigen StaatsprĂ€sidium. Die Bosniaken und Kroaten wĂ€hlen ihre beiden Vertreter in der Föderation, die bosnischen Serben ihren in der Republika Srpska. Der Vorsitz des StaatsprĂ€sidiums wechselt alle acht Monate. Die EinschrĂ€nkung, dass nur Angehörige der drei konstituierenden Völker fĂŒr das StaatsprĂ€sidium kandidieren dĂŒrfen, wurde vom EuropĂ€ischen Gerichtshof fĂŒr Menschenrechte als VerstoĂ gegen das Diskriminierungsverbot und das Recht auf freie Wahlen gewertet.
Im frĂŒheren Jugoslawien gehörte Bosnien und Herzegowina zu den wirtschaftlich schwĂ€cheren Regionen. Nach dem Ende des Bosnienkriegs kam es zunĂ€chst zu einem kontinuierlichen Wirtschaftswachstum. Die strikte Geldpolitik, die einen festen Wechselkurs der Konvertiblen Mark zum Euro beinhaltet, trug zur StabilitĂ€t der WĂ€hrung bei. Das Bankwesen wurde reformiert, wobei auslĂ€ndische Banken 85 Prozent der Banken kontrollieren. Die offiziell angegebene Arbeitslosenquote liegt bei 28,2 Prozent und die Jugendarbeitslosigkeit sogar 67,6 % wobei diese Quote durch einen groĂen grauen Wirtschaftssektor reduziert wird.
Die Exporte sind noch wenig diversifiziert; Mineralien und Holz machen 50 Prozent aller Exporte aus. Das hohe Leistungsbilanzdefizit konnte bisher durch Transferleistungen von Bosniern, die im Ausland leben, ausgeglichen werden. Haupthandelspartner von Bosnien und Herzegowina ist die EuropĂ€ische Union mit einem Anteil von etwa 50 Prozent. Ăsterreich ist wertmĂ€Ăig der gröĂte auslĂ€ndische Investor vor Slowenien. Als problematisch fĂŒr die wirtschaftliche Entwicklung werden der groĂe und ineffiziente öffentliche Sektor, bĂŒrokratische Hindernisse fĂŒr Unternehmer und der fragmentierte Arbeitsmarkt, der die ethnische Teilung des Staates widerspiegelt, angesehen. Im Global Competitiveness Index, der die WettbewerbsfĂ€higkeit eines Staates misst, belegt Bosnien und Herzegowina Platz 103 von 137 Staaten (Stand: 2017â2018). Der Index fĂŒr wirtschaftliche Freiheit 2024 des Landes war der 66 höchste von 176 LĂ€ndern. Das Land beherbergt zwei Wertpapierbörsen, welche als Banja Luka Stock Exchange und Sarajevo Stock Exchange bekannt sind.
Die Konvertible Mark (AbkĂŒrzung KM, im internationalen Zahlungsverkehr AbkĂŒrzung BAM (nach ISO 4217)) ist seit 22. Juni 1998 in ganz Bosnien und Herzegowina gĂŒltiges Zahlungsmittel. Die KM ist im festen VerhĂ€ltnis 1,95583:1 zum Euro gebunden und entspricht somit dem Wert der frĂŒheren D-Mark.
Laut Gesetz mĂŒssen alle Rechnungen im Inland mit der Konvertiblen Mark ausgewiesen werden. Dennoch wird verbreitet auch der Euro, sowie regional auch der serbische Dinar, angenommen, obwohl dies offiziell nicht erwĂŒnscht ist.
Laut SchĂ€tzungen der CIA umfasste der Staatshaushalt 2016 Ausgaben von umgerechnet 7,975 Mrd. US-Dollar, dem standen Einnahmen von umgerechnet 7,681 Mrd. US-Dollar gegenĂŒber. Daraus ergibt sich ein Haushaltsdefizit in Höhe von 1,7 % des BIP. Die Staatsverschuldung betrug 2016 nach SchĂ€tzungen des IMF 44,3 % des BIP.
2020 betrug der Anteil der Staatsausgaben (in % des BIP) folgender Bereiche:
Der Tourismus konnte sich auch kriegsbedingt nur langsam entwickeln. Seit einigen Jahren kommen immer mehr Touristen nach Bosnien und Herzegowina â insbesondere nach Mostar und Sarajevo.
Weitere sind die Burg und Festungsmauern von PoÄitelj, das mittelalterliche Schloss von Travnik, die Befestigungsanlage und das Amphitheater von Banja Luka, die Seen Blidinjsko jezero, ProkoĆĄko jezero und Ć atorsko jezero, zahlreiche mittelalterliche Grabsteine (SteÄci) vor allem in der Herzegowina, die Raftingangebote auf den FlĂŒssen Neretva, Una, Vrbas und Drina, der Adria-KĂŒstenort Neum mit der höchsten durchschnittlichen Jahrestemperatur des Landes sowie die von US-PrĂ€sident Bill Clinton eingeweihte GedenkstĂ€tte in PotoÄari fĂŒr die Opfer des Massakers von Srebrenica.
In Sarajevo und Umgebung befinden sich zahlreiche SehenswĂŒrdigkeiten. Die LateinerbrĂŒcke beispielsweise war Ausgangspunkt des Ersten Weltkrieges, da hier das Attentat auf Franz Ferdinand von Ăsterreich und dessen Frau verĂŒbt wurde. Das Bosmal City Center (118 m) und der Avaz Twist Tower (142 m) wurden 2001 bzw. 2009 fertiggestellt und sind aktuell die höchsten GebĂ€ude auf der Balkanhalbinsel. Des Weiteren sehenswert sind die komplette Altstadt BaĆĄÄarĆĄija mit dem tĂŒrkischen Wasserbrunnen Sebilj und die VijeÄnica, das alte Rathaus der Stadt. Weiterhin gibt es in der Stadt viele prĂ€chtige historische Moscheen (z. B. Gazi-Husrev-Beg-Moschee, gröĂte historische Moschee des Landes) und KirchengebĂ€ude.
In der nÀheren Umgebung liegen zudem die Wintersportgebiete Bjelaƥnica und Jahorina, wo auch schon die Olympischen Winterspiele 1984 ausgetragen wurden.
An die Belagerung der Stadt wĂ€hrend des Bosnienkrieges erinnern der Sarajevski ratni tunel (Sarajevo-Tunnel), das Historijski muzej Bosne i Hercegovine (Historisches Museum von Bosnien und Herzegowina), die âRosen von Sarajevoâ und die noch zahlreich vorhandenen Zerstörungen und Einschusslöcher an GebĂ€uden, vornehmlich am Stadtrand.
Die Stadt bietet darĂŒber hinaus noch weitere Museen, die sich der geschichtlichen Aufarbeitung der Stadt und des ganzen Staates widmen. Dazu zĂ€hlen etwa das Nationalmuseum und das Museum von Sarajevo.
Beide EntitĂ€ten besitzen in der Energiepolitik wie in vielen anderen Bereichen eine weitgehende Autonomie. So gibt es zwei Energieministerien, die jeweils unterschiedliche Gesetze und Verordnungen erlassen. Die staatsweite Stromregulierungsbehörde DERK hat auf EntitĂ€tsebene jeweils eine Regulierungskommission. Der Markt wird unter drei Stromkonzernen aufgeteilt. Die EP RS beliefert die Republika Srpska, die EP BiH und die EP HZHB versorgen die Föderation. Dabei gibt es keine Trennung zwischen der Stromerzeugung und -verteilung. In der Föderation Bosnien und Herzegowina sind die Unternehmen EP BiH und EP HZHB fĂŒr beides zustĂ€ndig, und in der Republika Srpska arbeiten Gesellschaften, die zum Konzern EP RS gehören, an der Stromverteilung. Zur StromĂŒbertragung gibt es den gesamtstaatlichen unabhĂ€ngigen Netzbetreiber NOS BiH und das fĂŒr den ElektrizitĂ€tstransfer zustĂ€ndige Unternehmen Elektroprenos-Elektroprijenos Bosne i Hercegovine a.d., das ebenfalls landesweit tĂ€tig ist.
Elektroenergie wird in Bosnien und Herzegowina primÀr durch Kohle- und Wasserkraftwerke erzeugt. Die Kohlereserven belaufen sich auf ca. 4 Mrd. Tonnen, das Wasserkraftpotenzial wird auf 6800 MW geschÀtzt, wovon bisher nur 35 % ausgeschöpft werden. Die geplanten Investitionen im Energiesektor bis 2020 belaufen sich auf 3,9 Mrd. Euro (Stand 2009).
Die PrimĂ€renergieerzeugung in Bosnien und Herzegowina wurde 2007 zu 9,4 % durch erneuerbare Energien gedeckt. Etwa 50 % der gesamten LandesflĂ€che ist mit Wald bedeckt, was auf ein groĂes Biomassepotenzial hinweist. ExpertenschĂ€tzungen zufolge könnten 9.200 GWh aus Biomasse erzeugt werden. 2009 beschrĂ€nkte sich die Nutzung der Biomasse auf etwa 4,2 % und ausschlieĂlich auf die Beheizung von Haushalten. In Gebieten ohne FernwĂ€rmenetz betrug der Verbrauch von Biomasse in Form von Holz und Holzkohle bis zu 60 % des gesamten Energieverbrauchs.
Das gesamte StraĂennetz umfasste 2010 etwa 22.926Â km, wovon 19.426Â km asphaltiert sind.
Seit 2001 ist mit der Autobahn 1 von der Adria bis nach Budapest die erste von derzeit fĂŒnf geplanten Autobahnen in Bosnien und Herzegowina im Bau. Diese soll von PloÄe in Kroatien ĂŒber Mostar, Sarajevo, Zenica und Doboj wiederum auf kroatisches Gebiet fĂŒhren und einen Teil des europĂ€ischen Verkehrskorridors 5C bilden. Insgesamt wird diese Autobahn auf ca. 360 km durch Bosnien und Herzegowina fĂŒhren. Das Jahr der vollstĂ€ndigen Fertigstellung ist jedoch unbekannt. Weitere vier Autobahnverbindungen befinden sich in der Planungsphase und wurden bisher nicht nummeriert. Politische Differenzen zwischen den beiden EntitĂ€ten von Bosnien und Herzegowina, u. a. ĂŒber die Nummernvergabe, verhindern eine Einigung.
Es gibt in Bosnien und Herzegowina zwei Bahngesellschaften: einerseits die Eisenbahngesellschaft der Föderation Bosnien und Herzegowina und andererseits die Eisenbahngesellschaft der Republika Srpska.
Der Eisenbahnverkehr findet im Wesentlichen auf zwei Hauptachsen statt:
Diese Hauptachsen werden ergĂ€nzt durch die von Novi Grad ĂŒber BihaÄ und Martin Brod nach Knin verlaufende Una-Bahn sowie eine von Doboj nach Tuzla fĂŒhrende Strecke, an die eine Strecke ĂŒber BrÄko nach Kroatien sowie eine Strecke ĂŒber Zvornik nach Serbien anschlieĂen.
Daneben gibt es eine Reihe von Werks- und Minenbahnen, die zum Teil noch mit Dampf betrieben werden.
Das Eisenbahnnetz von Bosnien und Herzegowina wurde im Bosnienkrieg stark beschÀdigt. Seit Dezember 2016 ist die Bahnverbindung von Zagreb nach Sarajevo eingestellt. Es gibt auch keinen Bahnverkehr zwischen Belgrad und Sarajevo.
Alle der noch von der k.u.k.-Monarchie errichteten Schmalspurstrecken (âBosnische Schmalspurâ) wurden schon um 1970 aufgelassen und gröĂtenteils abgebaut. Eine Ausnahme bildet die Werksbahn der Kohlenmine BanoviÄi â hier standen noch 2011 Dampflokomotiven im gelegentlichen Einsatz.
2005 wurde ein Erneuerungsprogramm beschlossen. Es wurden neun spanische Talgo-SchnellzĂŒge gekauft. Aktuell (2023) werden im tĂ€glichen Betrieb zwei der neun Talgo-Garnituren benötigt.
Zurzeit gibt es vier internationale FlughÀfen:
Der Hafen Neum ist der einzige Zugang Bosnien und Herzegowinas zum Mittelmeer.
Beim Verlassen befestigter Wege besteht in vielen Landesteilen Gefahr durch Landminen. Bosnien und Herzegowina ist neben dem Kosovo und Kroatien das am stĂ€rksten verminte Gebiet in Europa. Selbst 2009 galten noch rund 1573 Quadratkilometer der StaatsflĂ€che â vor allem in den WĂ€ldern und Gebirgsgegenden â als minengefĂ€hrdet, wĂ€hrend die Siedlungen und landwirtschaftliche FlĂ€chen in der Regel bereits gerĂ€umt wurden. Von Kriegsende 1996 bis 2017 wurden 605 Menschen bei MinenunfĂ€llen getötet (darunter 74 MinenrĂ€umer) und 1131 verletzt. FĂŒr die Beseitigung bekannter Minenfelder sind die Bosnisch-herzegowinische StreitkrĂ€fte (bosnische Armee) sowie zivile RĂ€umfirmen verantwortlich.
Ein traditioneller Musikstil ist die Sevdalinka â bosnische Volksmusik, deren Charakter stark von osmanischen EinflĂŒssen geprĂ€gt wurde. Die Volksmusik enthĂ€lt darĂŒber hinaus Merkmale der Musik der Sinti und Roma und anderer Volksgruppen. Ein bekannter Vertreter der Sevdalinka war bis zu seinem Tod Safet IsoviÄ. Die Sevdalinka kommt generell allerdings nur bei der Ă€lteren bosnischen Bevölkerung und teilweise der in Montenegro und Serbien wohnenden Ă€lteren Bosniaken gut an. Besser kommt dagegen die sogenannte Narodna muzika an, die eine Mischung aus der ehemaligen jugoslawischen Volksmusik, Pop und teilweise Techno-Musik bildet. Diese ist generell in den serbokroatischsprachigen Staaten seit ihrer Entstehung (ca. 1980) die beliebteste.
Bekannte Musiker im internationalen Raum aus Bosnien und Herzegowina sind neben Goran BregoviÄ und seiner ehemaligen Band Bijelo dugme die SĂ€nger Zdravko ÄoliÄ, Lepa Brena und Dino Merlin sowie die Rapper Edo Maajka und Frenkie. Die Rock/Pop-Gruppen Zabranjeno PuĆĄenje, Plavi orkestar, Indexi, Crvena jabuka und Hari Mata Hari sowie die Heavy-Metal-Band Divlje Jagode gehörten neben Bijelo dugme zu den bekanntesten und beliebtesten Jugoslawiens. Das musikalische Zentrum dieser modernen bosnischen Musik war Sarajevo.
Seit Kriegsende haben einige bosnische Filme auch internationale Preise bekommen. Darunter waren NiÄija Zemlja (deutsch Niemandsland, englisch No Manâs Land) von Danis TanoviÄ aus dem Jahr 2001, der einen Golden Globe und einen Oscar erhielt, sowie der Film Grbavica, der auf der Berlinale 2006 einen Goldenen BĂ€ren bekam. Des Weiteren erntete der Film Welcome to Sarajevo mit Woody Harrelson groĂes Kritikerlob. Der Film befasst sich mit der Belagerung Sarajevos Anfang der 1990er-Jahre. Der Regisseur Emir Kusturica (Schwarze Katze, weiĂer Kater; Das Leben ist ein Wunder) stammt aus Sarajevo. Bei der Berlinale 2016 erhielt der Film Smrt u Sarajevu von Danis TanoviÄ den Silbernen BĂ€ren.
Das Sarajevo Film Festival ist jedes Jahr im August filmischer und kultureller Höhepunkt und zieht immer mehr Touristen aus dem Ausland an.
Die drei wichtigsten Tageszeitungen in Bosnien und Herzegowina sind Dnevni avaz (deutsch Tagesstimme) und OsloboÄenje (deutsch: Befreiung), die beide in bosnischer Sprache in Sarajevo erscheinen, und Nezavisne novine (dt. Die unabhĂ€ngige Zeitung), die in Banja Luka in serbischer Sprache und lateinischer Schrift erscheint. Zudem gibt es eine Reihe von politischen Wochenzeitungen wie Slobodna Bosna (dt. Freies Bosnien) oder Dani (dt. Tage). Beliebt sind auch Zeitschriften, die ĂŒber aktuelle AffĂ€ren oder Stars der Volksmusik berichten, wie Express oder Svet (dt. Die Welt; eine gleichnamige und gleichformatige Zeitung erscheint auch in Serbien).
Bosnien und Herzegowina hat ein dreigliedriges öffentliches Rundfunk- und Fernsehsystem, mit einem nationalen Fernseh- und Radiosender der Anstalt BHRT (BHTV 1 und BH Radio 1) und je einem EntitÀts Fernseh- und Radiosender, der RTVFBiH (FTV und Radio F.) in der Föderation und der RTRS (RTRS TV und RTRS RRS) (kyrillisch: PTPC) in der Republika Srpska. Einige private Sender wie BN TV, OBN oder NTV Hayat sind im ganzen Land zu empfangen. Sehr beliebt ist Kabelfernsehen, das Sender aus den Nachbarstaaten und dem deutschsprachigen Raum einspeist. Seit dem 11. November 2011 sendet der neue Fernsehsender Al Jazeera Balkans aus Sarajevo, zunÀchst sechs Stunden tÀglich in der Landessprache.
Im Jahr 2023 nutzten 83,4 Prozent der Einwohner Bosnien und Herzegowinas das Internet.
In Sarajevo und Umgebung wurden 1984 die Olympischen Winterspiele ausgetragen. In Bosnien und Herzegowina sind FuĂball und Basketball die beliebtesten Sportarten.
Im FuĂball entwickelte sich das Land stetig weiter und verbesserte sich. FĂŒr die FuĂball-Europameisterschaft 2004 hĂ€tte sich Bosnien und Herzegowina beinahe qualifiziert, im letzten Spiel gegen DĂ€nemark fehlte nur ein Sieg gegen den direkten Konkurrenten, das Spiel endete aber letztendlich 1:1, womit sich DĂ€nemark fĂŒr die Europameisterschaft 2004 qualifizierte. Bei der WM-Qualifikation 2014 setzte sich die Nationalmannschaft dann durch und nahm an der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien teil. Die Mannschaft unter dem damaligen Trainer Safet SuĆĄiÄ verlor allerdings zwei der drei Gruppenspiele und beendete die WM auf dem 3. Gruppenplatz. BerĂŒhmte Spieler der Nationalmannschaft sind unter anderem Edin DĆŸeko, Miralem PjaniÄ und Vedad IbiĆĄeviÄ.
Die Basketballnationalmannschaft hat sich fĂŒr bislang sechs Europameisterschaften qualifizieren können, zuletzt 2011. Der wohl bekannteste Basketballer der Nation ist Mirza TeletoviÄ, der fĂŒr die Milwaukee Bucks in der NBA aktiv ist.
Bei den Paralympischen Spielen 2004 in Athen gewann die bosnisch-herzegowinische Volleyballmannschaft die Goldmedaille.
Special Olympics Bosnien und Herzegowina wurde 1999 gegrĂŒndet und nahm mehrmals an Special Olympics Weltspielen teil.
Einen Erfolg auf internationaler Ebene fĂŒr Bosnien und Herzegowina erreichte die Schachnationalmannschaft mit dem zweiten Platz bei der Schacholympiade 1994 in Moskau.
In Bosnien und Herzegowina wird der Bosanski Äilim hergestellt, eine Variante des Kelims. Die Zmijanje-Stickerei wird seit dem 26. November 2014 auf der UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit gefĂŒhrt.
Die LandeskĂŒche hat viele SpezialitĂ€ten zu bieten, z. B. Bosanski Lonac, Äevapi, Lokum (âTĂŒrkischer Honigâ), Pita (Pide) in allen Variationen von GemĂŒsearten. Daneben gibt es Sogan Dolma, Somun, Japrak, Baklava, Halva, Burek, Sarma und vieles mehr. Sie ist stark von der TĂŒrkischen KĂŒche beeinflusst. TĂŒrkischer Kaffee â der in einem speziellen KaffeekĂ€nnchen aufgekocht wird â und selbstgebrannter Pflaumenschnaps (Ć livovic) sind verbreitete GetrĂ€nke.
Neben religiösen Feiertagen wie Weihnachten und Ostern (bei den Kroaten und Serben), und den islamischen Festen Ramazanski Bajram (am Ende des Ramadan) und Kurban Bajram (zur Zeit der Pilgerfahrt nach Mekka), gelten folgende Feiertage in Bosnien und Herzegowina:
In der Föderation werden auĂerdem folgende Feiertage begangen:
In der Republika Srpska werden der 1. MĂ€rz und der 25. November nicht gefeiert, dafĂŒr aber der 9. Januar als Tag der Republik (Dan Republike) und der 21. November (Tag des Dayton-Abkommens).
Daneben gibt es in den verschiedenen, hauptsĂ€chlich von Kroaten bewohnten Gemeinden und Dörfern lokale Feiertage, die sich am christlichen Kalender orientieren (z. B. Namenstage Heiliger, âkleine Osternâ etc.). Ein besonderer Feiertag ist der Namenstag des Schutzpatrons eines jeden Ortes. Neben einer sehr gut besuchten Messe und evtl. einer Prozession gibt es in den meisten HĂ€usern und auf PlĂ€tzen Feierlichkeiten, zu denen auch die Einwohner der Nachbarorte kommen.
Literarische WĂŒrdigungen finden sich im Gesamtwerk des LiteraturnobelpreistrĂ€gers Ivo AndriÄ, besonders in seinem Hauptwerk Die BrĂŒcke ĂŒber die Drina. Zsolnay, 2011, ISBN 978-3-552-05523-0.
Regionen (2)| Abk | Name | Lat N | Lat S | Lng W | Lng E | B | O |
|---|---|---|---|---|---|---|---|
| Föderation Bosnien und Herzegowina | 45.227329 | 42.606133 | 15.741915 | 19.044165 | |||
| Republika Srpska | 45.275925 | 42.561399 | 16.183722 | 19.626961 |
